Henford-on-Bagley Nr. 10 - Haus Frietmann / Wohnung Jacob Bresk

06.05.2023 19:37 (zuletzt bearbeitet: 18.02.2024 16:01)
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Grundriss:





Familie Frietmann:

EG:





OG:







Jakes Wohnung:

EG:









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10.05.2023 18:33 (zuletzt bearbeitet: 18.05.2023 14:11)
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Jake - letzter Post
Logan - letzter Post

Charaktere: Anna-Maria, Jake, Logan, Sophia
Geschichtsstrang: Alte Freunde Teil 1






Anna-Maria stellt die Töpfe auf den großen Esstisch und betrachtet ihr Werk. 'Du liebe Güte.', denkt sie. 'Das ist viel zu viel.' Plötzlich kommt ihr ein Geistesblitz und summend tippelt sie zur Haustür, betritt den Vorgarten und klingelt einen Eingang weiter bei ihrem Mieter.
Jake öffnet die Tür.

"Hallo, Jake, mein Lieber." Die kleine Frau lächelt ihm gutherzig entgegen. "Ich habe wieder mal zu viel gekocht. Ich lerne es einfach nicht.", lacht sie. "Möchtest du mit uns essen?"



Sein Blick erhellt sich, als er die nette Einladung seiner Vermieterin erhält. Er hat ein gutes Verhältnis zu ihr und ihrer Familie aufgebaut, obwohl er noch nicht lang dort wohnt. Aber schon zu Beginn an fühlte er sich wohl und herzlich Willkommen. "Oh, ich danke Dir! Das ist sehr nett.. gerne. Aber.." Da fällt ihm ein, dass er doch heute mit Logan verabredet ist. "Eigentlich habe ich gleich einen Freund zu Besuch. Hm.."
"Ein Freund? Wann kommt er denn? Vielleicht möchte er sich zu uns gesellen. Oder...", Anna-Maria überlegt, "ich bringe euch etwas her, wenn ihr lieber allein sein wollt."



Nachdem er kurz überlegt, nickt er. "Weißt du was, ich frage ihn einfach mal. Er ist nicht unbedingt der geselligste Typ, hat auch schon einiges mitmachen müssen in seinem Leben. Aber vielleicht ist er ja heute gut drauf, dann kommen wir herüber. Sonst hol ich mir was bei euch." Anschließend schaut er auf die Uhr. "Er müsste gleich kommen."
"Das klingt, als ob du ihn schon lange kennst. Aber ich will nicht zu neugierig sein." Die rundliche Frau winkt verlegen ab. "Dann bis später."
Jake verabschiedet sich und räumt seine Wohnung weiter auf, bis Logan ankommt.



Logan parkt am Ende der Straße. Einige Meter entfernt erstreckt sich ein gepflegtes Familienhaus. Die linke Eingangstür, hatte Jake am Telefon gesagt. Mit gemischten Gefühlen starrt er auf das Gebäude vor sich. Wie gewohnt lässt er das Lied im Player bis zum Ende spielen, bevor er den Schlüssel zieht. Doch dieses Mal hört er die Musik kaum.
In Gedanken sucht er die letzte Begegnung mit seinem besten - seinem einzigen Freund. Doch wie so oft ist die Erinnerung verblasst. Er war aus der gemeinsamen Wohnnung ausgezogen, um das Land zu verlassen. Wieder einmal hatte ihn der graue Alltag eingeholt und aus den eigenen vier Wänden vertrieben - oder war es doch die Paranoia?
Seitdem hat er Jake weder gesehen, noch gesprochen. Bis vor Kurzem seine Textnachricht kam. Natürlich musste er Logan zum Geburtstag gratulieren - ganz gleich, was dessen Meinung zu diesem Ereignis ist.

Die Musik verklingt und Logan steigt aus. Langsam geht er auf das Haus zu. Vor der Tür bleibt er stehen und atmet tief durch, bevor er die Klingel drückt.
Ahote nickt ihm lächelnd zu.



Währenddessen hat Jake seinen Freund bereits durch das Fenster erblickt und öffnet die Türe. "Hey!"
Als der Besucher das freundliche Gesicht sieht, verfliegt ein großer Teil der Anspannung. Für den Bruchteil einer Sekunde hebt sich ein Mundwinkel. Jake sieht gut aus. Er hat sich nicht verändert. Logan spürt dadurch eine tiefe Sicherheit.
"Komm rein in mein bescheidenes Heim." Lächelnd macht der Blonde an der Wohnungstüre Platz, um seinen Besuch hinein zu lassen. Dabei mustert er seinen Freund und bemerkt nicht nur die blauen Flecken, sondern auch das gebrochene Gehen. Was ist wohl passiert? Sicherlich würde Logan mit ihm darüber sprechen, wenn er soweit wäre.

Bedächtig tritt der Gast ein und schaut sich um. Der Stil seines Freundes hat sich über die letzten Jahre nicht verändert. Eine angenehme Vertrautheit liegt in dieser Erkenntnis. Nachdem er Schuhe und Jacke abgelegt hat, nimmt er in der Wohnküche Platz.
"Magst was Trinken?", fragt Jake.
Aus Gewohnheit würde er gern nach Whiskey fragen, aber etwas hält ihn davon ab.
"Was hast anzubieten?"
"Cola, Fanta, Sprite?.. Oder einen Kaffee?" Grinsend legt er zwei Untersetzer auf den Wohnzimmertisch.
"Gib mir 'nen Kaffee."
Jake bereitet zwei Tassen Kaffee vor. Zurück kommt er mit einem kleinen Tablett, auf dem nicht nur die Tassen, sondern auch zwei Löffel, Milch und Zucker Platz gefunden haben. Die Tassen stellt er auf die Untersetzer und setzt sich auf die Couch.
"Seit wann wohnste hier?", fragt Logan.
"Noch nicht so lang." Kurz berichtet er, wie er auf die Wohnung aufmerksam wurde. "Ich fühle mich schon sehr wohl hier."
"Das war immer deine Stärke - dich überall sofort einzufügen." Logan hat nicht nur diese Eigenschaft stets beneidet. Er wäre insgesamt gern mehr wie sein Freund. Diese innere Ruhe, die Jake ausstrahlt, wird er wohl niemals erlangen.
Nachdem dieser Milch und Zucker dem Kaffee zugefügt hat, trinkt er einen Schluck. "Und was gibt's bei dir Neues?"
Der Gast legt die Stirn in Falten. Wo soll er nur anfangen? Er nimmt einen vorsichtigen Schluck aus der Tasse.
"Well, ich wohn' jetzt in 'ner Männer-WG. Is' nich' ganz einfach. Dann gibt da 'ne Frau, die irgendwie ... gefährlich is'." Er stellt die Tasse ab. "Wie Billie. Eigentlich is' sie ganz anders, aber irgendwie isses ähnlich." Ohne seinen Freund anzusehen lehnt er sich vor und stützt die Ellenbogen auf die Knie. "Ich hab' Mist gebaut. Mal wieder."




Jake sieht seinen Freund an und schweigt. Bevor er etwas sagt, will er erstmal zuhören.
"Hab' mich wieder vollgedröhnt.", resignierend betrachtet Logan seine Finger, auf denen die Worte 'stay true' stehen. Er seufzt. "Hab' richtig zugelangt. Voller Absturz. Kein Plan, was da alles passiert is'. Bin irgendwann im Proberaum gewesen. Umringt von Teenagern. Stell dir das vor. Verdammte Teens. Dem einen hätt' ich fast eine reingehauen." Beschämt hebt Logan den Blick und schaut an Jake vorbei. Ahote steht im Hintergrund und beobachtet die Männer, wie er oft das Geschehen im Auge behält.
"Ich hab's echt versucht. Komm' von dem Scheiß nich' weg. Wie soll ich das machen, wenn mir ständig dieser alte Mist im Hirn rumspukt? Dann noch die Sache mit Billie, Alma und die WG - das ... ich pack' das alles nich'. Ich hätte fast 'ne alte Frau verdroschen."
Eine Therapie vorzuschlagen verkneift sich der Freund. Er weiß mittlerweile, wie Logan dazu steht. Die Drogen waren schon immer ein Problem und für Jake lediglich eine Frage der Zeit, bis er erneut abstürzt. So sehr hätte er dem Freund gewünscht, davon loszukommen. Doch ohne Hilfe wird er das nicht schaffen. Wenn er keine Therapie machen will, dann kann ihm nur einer helfen. "Was wäre, immer wenn du kurz davor bist, rückfällig zu werden, rufst du mich an oder kommst mich besuchen. Ich bin für Dich da."
Überrascht schaut Logan in Jakes warmes Gesicht. Dieser Ausdruck ist es, der ihm so viel gibt und ihn gleichzeitig erschaudern lässt. Womit hat er diese Güte verdient?
"Das kostet dich aber 'ne Menge Zeit. Und vermutlich noch mehr Schlaf."
"Für meinen besten Kumpel krieg ich das schon hin.", grinsend legt Jake Logan seine Hand auf dessen Schulter und trinkt einen Schluck Kaffee. "Übrigens hat uns meine Nachbarin zum Essen eingeladen. Hast du Lust rüber zu gehen?"
Logan nickt und weicht dem Blick des Blonden aus. Vielleicht ist sein Angebot eine Möglichkeit, den Kreis zu durchbrechen. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert.
"Deine Nachbarin?", fragt er dann.



"Ja, eine ganz liebe Frau. Sie hat auch eine sehr nette Familie, sie werden dir gefallen. Aber nur wenn du Lust hast. Wir können uns auch was zu Essen rüber holen.", antwortet Jake.
"Hab' ehrlich gesagt kein' Bock auf neue Leute. Und auf nette Familien kann ich gut verzichten."
Der Freund nickt daraufhin. "Hast du denn schon Hunger? Dann hol ich eben was."
Logan schüttelt den Kopf. "Krieg momentan nich' viel runter.", erklärt er unzufrieden. "Aber hol' dir was. Ich warte hier."
Auf die Worte seines Freundes hin, klingelt Jake bei Anna-Maria.



Nur einen Moment später öffnet sich die Tür und die jüngste Tochter strahlt ihm entgegen.
"Hey, Jake.", freut sich die fast Erwachsene. "Komm herein. Was gibt's denn?"
Jake erzählt von der Essenseinladung und seinem Freund. "Naja, deshalb wollte ich das Essen herüber holen."
"Das hat Mama gar nicht erwähnt.", wundert sich die Jüngere. "Aber dann rein mit dir. Weißt ja, wo die Küche ist." Mit kräftiger Stimme ruft sie: "Mama, Jake ist da."
Er geht schnurstracks in die Küche und grüßt die Köchin. Dabei erzählt er ihr von Logan.
"Und er will nicht herüber kommen?", fragt Anna-Maria enttäuscht. "Ist er so schüchtern?"
"Schüchtern nicht, aber es geht ihm nicht so gut." Bedrückt schaut er seine Vermieterin an.
"Oh, das tut mir leid." Die kleine Frau wischt ihre Hände am Geschirrhandtuch trocken. "Wenn ich irgendwie helfen kann, lass es mich bitte unbedingt wissen."
Dankend nickt Jake und nimmt die Tupperware entgegen. "Vielen Dank nochmal für das Essen! Ganz lieb von Dir!"
"Gern doch. Lasst es euch schmecken.", lächelt sie ihrem jungen Freund hinterher.



In seiner Wohnung angekommen, stellt er das Essen auf die Küchentheke und setzt sich wieder zu Logan.
"Welcome back.", murmelt der Besucher.
Während sich Jake ein Glas Cola einschüttet, räuspert er sich. "Na, sag mal. Du hast eine Frau kennen gelernt? Wie Billie? Das musst du mir genauer erklären."
Logan zieht die Augenbrauen in die Stirn und überlegt. Wie hat er Alma kennen gelernt? Kurz schließt er die Augen und versucht sich zu erinnern, aber anstatt die gesuchten Erinnerungen auszugraben, formt sich nur das Bild ihres Körpers in seinem Geist zusammen.
Er seufzt und schüttelt leicht den Kopf.
"Keine Ahnung, wie es anfing. Aber sie is' ... Ich glaub', sie is' zur Hälfte Spanierin. Ziemlich feurig. Heiß. Nich' wie andere Frauen." Er sucht nach den richtigen Worten, um sie zu beschreiben. "Sie is' hungrig. Und mächtig wild. Billie war auch so. Nur dass sie's irgendwie in sich versteckt hat. Wie'n Geheimnis oder so. Alma will nichts verbergen. Glaub' ich. Bei mir jedenfalls nich'. Obwohl sie recht verschwiegen is'. Eigentlich weiß ich nix über sie."
Interessiert hört Jake seinem Freund zu. "Scheint wirklich eine interessante Frau zu sein. Und was ist das zwischen euch? Nur Spaß oder mehr?"
"Ehrlich gesagt,", Logan kratzt sich am Kopf, "keine Ahnung. Du weißt, dass ich kein Beziehungstyp bin. Aber sie macht manchmal so ... Sie benimmt sich manchmal, als ob sie mehr will."
Jetzt kratzt sich auch Jake nachdenklich an seiner Stirn. "Du solltest ihr nur keine falschen Hoffnungen machen."
"Du kennst mich - ich mach' niemandem Hoffnung." Logan klemmt sich eine Zigarette zwischen die Lippen und steht auf, um vor die Tür zu gehen.



Ja, so kennt Jake seinen Freund. Für ihn wäre etwas Lockeres keine Option. Er möchte eine Frau fürs Leben kennen lernen, doch jetzt ist noch nicht der richtige Zeitpunkt. "Dann warte einfach ab, ob sie mal das Gespräch mit Dir sucht."
Logan nickt und verlässt die Wohnung. Mit einem Fuß in der Tür steckt er die Kippe an und schaut über den Hof. Wie konnte es seinen Freund nur in ein so verschlafenes Nest treiben? Er selbst könnte nicht in einer so ruhigen Ecke leben. Logan braucht den Trubel um sich herum. Natürlich ist es gut, auch mal etwas Ruhe zu bekommen, aber er muss bei Bedarf die Möglichkeit haben, schnell Ablenkung zu finden.

Nachdenklich nimmt er Zug um Zug. Es tut gut, Jake wieder zu sehen. Aber da ist etwas, das Logan nervös macht. Dieses Gefühl, dass er seinem Freund eine Last ist. Er hat Jake im Stich gelassen und ist einfach abgehauen - wie er es ständig tut. Dabei ist sein Freund ihm so nah, wie sonst niemand. Und dennoch kann er es nicht ertragen. Die Nähe zu ihm, das gegenseitige Vertrauen. Mit Dingen dieser Art ist er überfordert. Er weiß nicht, wie man jemandem Vertrauen schenkt. Und er versteht nicht, wozu diese ganze Sache mit der Zuneigung gut sein soll. Sobald man anfängt, jemanden zu mögen, hat es Einfluss auf die eigenen Entscheidungen. Man beginnt, sich zu sorgen, sich zurück zu nehmen und Dinge zu tun, die man eigentlich nicht tun will. Es ist, als würde man sich für den anderen verraten und selbst boykottieren. Allein ist man deutlich besser dran. Man trifft Entscheidungen nur für sich allein. Niemand, der verletzt, mitgezogen oder sonst wie beeinflusst wird. Der eigentliche Vorteil aber ist, dass man selbst nicht enttäuscht wird. Wenn du niemanden hast, kann dich niemand verletzen.



Logan schaut auf zu den Wolken. Eine schwere Decke wälzt sich über ihn hinweg und hinterlässt ein bedrückendes Gefühl im Nacken. Die Luft wird dick und er hat beinahe den Eindruck, sie greifen zu können. In der Ferne braut sich etwas zusammen - etwas Dunkles. Logan spürt, dass eine Gefahr darin lauert. Sie wartet nur darauf, zuschlagen zu können.
Mit steigender Nervosität wirft er die Zigarette in die Auffahrt, macht einen Schritt ins Haus und wirft die Tür hinter sich zu. Einen Moment lehnt er sich daran und schnappt nach Luft.
In seinem Geist formt sich ein Bild aus vergangenen Zeiten zusammen. Als er mit Jake zusammen wohnte, hat der Blonde es immer irgendwie geschafft, seine düsteren Launen aufzufangen.

„Was tust du?“, fragte Jake seinen Mitbewohner, als er sah, dass der auf dem Boden lag.
„Nichts“, antwortete der Mürrische kühl.
Er lag da in seinem Zimmer und starrte an die Decke. Jake beobachtete ihn kurz, legte sich dann dazu und machte es ihm nach. Logan wollte ihn fragen, was das sollte, aber er hatte keine Lust auf Unterhaltungen. Er wollte einfach nur dort liegen und sein.
„Das da sieht aus wie ein Einhorn mit zu kurzen Beinen.“, zeigte Jake mit ausgestrecktem Arm an die Decke und lächelte.
Logan drehte den Kopf zu ihm und sah ihn verständnislos an.
„Na, da. Ein Stück links von dir. Dort ist der Kopf mit dem Horn,“, mit dem Finger zeichnete er eine Figur in die Luft, „und da unten sind die Beine. Etwas kurz eben, und so langsam verformt es sich auch, aber man erkennt es noch ganz gut.“
„Was zum Teufel machst du?“, fragte der Dunkelhaarige.
Jake schmunzelte: „Hast du denn nie auf einer Wiese gelegen und Wolkenbilder gesucht?“
„Das ist eine Zimmerdecke.“
„Manchmal macht es einfach Spaß, so zu tun als ob.“ Herausfordernd grinste er seinen Freund an.
„Und das Erste, was du siehst, ist ein Einhorn?“
„Mit zu kurzen Beinen“, nickte Jake und schaute wieder an die Decke. „Jetzt sieht es auch eher aus, wie ein Drachenkopf.“
„Das klingt wenigstens nicht, als wärst du ein kleines Mädchen“, murmelte Logan mürrisch.
„Mit einer Schleife zwischen den Ohren“, fügte Jake hinzu.





(In Zusammenarbeit mit @Spatz)


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11.05.2023 17:42 (zuletzt bearbeitet: 16.07.2023 16:15)
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#3
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Schicksalslenker

Charaktere: Logan, Jake
Geschichtsstrang: Alte Freunde Teil 2 - nachts im Garten

Die Nacht ist kühl und vereinzelte Nebelschwaden ziehen über das benachbarte Feld. Wie ein sich windender Schleier verhüllt er Teile der Landschaft und reißt so Lücken in das Bild. Logan sitzt auf einer Bank und betrachtet die Szenerie, die sich ihm bietet. Wie ein Gleichnis kommt es ihm vor. Eine Metapher seines Geistes - seiner Seele. Verschleiert und unwirklich, ständig in Bewegung, undeutlich und nicht greifbar.

Eine weitere Nacht, die er nicht schlafen kann. In der er die unzähligen Versuche einfach nicht mehr erträgt. Die Schatten, die ihn unentwegt anstarren und ihm die Realität aus den Knochen saugen, bis nur noch Zweifel übrig sind. Zweifel über das, was er sieht und hört, riecht und sogar schmeckt. Die sein ganzes Sein, seine Existenz in Frage stellen.



Ist er wirklich hier? Oder ist er nur ein Traum eines anderen? Ist dies tatsächlich seine Hand? Schlanke Finger spreizen sich von ihr ab. Ein Wort ist im Halbdunkeln zu erkennen: true.
Das Wort fühlt sich vertraut an. Mehr als die Finger, auf denen es geschrieben steht.
True. Was ist die Wahrheit? Wahr ist, dass er floh - wieder einmal. Die Flucht vor sich selbst war es, die ihn an diesen Ort brachte. Die Erkenntnis, dass er wieder einmal versagt hat.
Zu schwach, zu klein, zu schlecht. So war es immer. So wird es immer sein. True. Selbst, wenn er es gut meint, wenn er sich Mühe gibt.

"Schlaflos durch die Nacht, hm?" Jake steht in der Terrassentür und sieht gen Himmel.
Der Schreck lässt Logan kurz zusammen zucken. Als er erkennt, dass die Stimme zu seinem Freund gehört, sackt sein Körper wieder ein Stück zusammen. "Und du?", fragt er, anstatt auf seine eigenen Gründe einzugehen.
"Die Gedanken stehen nie still.", antwortet der Freund und setzt sich neben Logan auf die Bank. Er sieht ihn nicht an, sondern betrachtet den Garten. Um diese Zeit sieht alles anders aus. Die Stille umgibt Jake und nur das Atmen der beiden Männer ist hörbar.
Logan antwortet nicht. Mit einem leichten Nicken reicht er Jake die halbvolle Bierflasche herüber.
Dieser greift sie und trinkt einen ordentlichen Schluck daraus. Anschließend verharrt er mit der Flasche in seinen Händen auf der Stelle und denkt nach.

Auch ihn lässt die Vergangenheit einfach nicht los.



Wie erstarrt stand Heike im Hausflur, als ihre Schwiegermutter mit Jacob, Heikes Erstgeborenem, hinter ihr erschienen. "Was ist denn los? Was wollen die Polizisten hier?", fragte die mehrfache Großmutter. Heike drehte sich herum. In ihrem Gesicht spiegelte sich etwas nicht Greifbares. Sie antwortete nicht, als ihr Blick auf den Jungen fiel.

Einer der Cops tat einen Schritt ins Haus - vorsichtig und die Situation im Auge behaltend. "Ma'am, sind Sie Angehörige von Michael Bresk?" - "Ich bin seine Mutter.", antwortete die ältere Frau irritiert. "Was ist denn los? Heike, warum sagst du nichts?" Ohne es zu merken, griff die Großmutter nach der Hand des Jungen und drückte sie fest in ihrer eigenen.
Der Polizist hielt bereits seine Kopfbedeckung in der Hand vor dem Brustkorb. Seine Stimme klang leidig, als er ein zweites Mal zu erklären begann: "Es tut mir leid, Ma'am. Es gab einen Unfall." Die Hand des Jungen wurde noch fester gedrückt. "Wo ist mein Sohn?", fragte die Älteste. "Es tut mir schrecklich leid, Ihnen das sagen zu müssen." Der Cop senkte den Kopf. "Ihr Sohn... Mr Bresk hat den Unfall nicht überlebt. Er ist noch vor Ort seinen Verletzungen erlegen."

Jacob stand still und sah zu Boden. Die Worte des Polizisten hallten in seinem Kopf nach, doch die Bedeutung und die Auswirkungen auf das weitere Leben kamen nicht an. Unfall... nicht überlebt... Auch er drückte nun die Hand seiner Grandma fester. Er konnte gerade nicht loslassen, er wollte nicht loslassen. Seinen Blick wendete er vom Boden nicht ab, doch seine Augen wurden glasig.

"Was fällt Ihnen ein?", flüsterte seine Mutter. "Ma'am?" Der Cop schaute Heike sorgenvoll an. "Was fällt Ihnen ein?", wiederholte sie lauter. "Solche Lügen zu erzählen!" - "Ma'am, bitte beruhigen Sie sich." Der Cop legte eine Hand auf ihren Oberarm, doch die Witwe schlug ihn sogleich davon. Erst jetzt regte sich der zweite Polizist, bereit seinen Kollegen zu unterstützen.
"MEIN MANN IST NICHT TOT!", schrie Heike hysterisch. "ER SAß NICHT IN DIESEM WAGEN." - "Ma'am, bitte." - "HALTEN SIE DEN MUND UND MACHEN SIE IHRE ARBEIT ANSTÄNDIG! MEIN MANN IST EIN GUTER FAHRER. ER HATTE KEINEN UNFALL!"

Aus den hinteren Zimmern kam nun auch Stephanie zum Eingang. "Mama? Was ist denn los?" Mit ängstlichem Ausdruck sprang ihr Blick von einer Person zur anderen. "Grandma?" Der zweite Polizist entfernte sich einige Schritte und sprach etwas in sein Funkgerät. Die Worte "Unterstützung und Arzt" drangen unscharf in den Raum. Nicht tot... Keinen Unfall... Jacob schüttelte den Kopf. Papa kommt gleich wieder.., dachte er sich.

Plötzlich erschienen Bilder in seinen Gedanken. Er hatte einen Streit mit seinem Vater. Ich hasse dich. Das waren die letzten Worte an ihn. Er war sauer über seinen Vater. Dann stieg dieser in den Wagen. "Papa kommt gleich." Murmelnd hielt er weiterhin die Hand seiner Grandma und blickte zum Polizist.

Die andere Hand der Großmutter schlang sich um die Schulter des Junge und presste ihn an ihren Körper. "Heike, sei still!" befahl sie ihrer Schwiegertochter. "Deine Kinder ..." - "VERSCHWINDEN SIE!", brüllte sie jedoch weiter. Mit beiden Händen stieß sie den Überbringer der Nachricht Richtung Ausgang. "NA LOS! HAUEN SIE AB!" "Ma'am, das geht zu weit. Bitte mäßigen Sie sich." Der Kollege kam nun wieder mit großen Schritten von hinten näher, doch er wurde durch ein Handzeichen seines Partners gebremst.
"Schon gut." Er trat einige Schritte zurück, notiere etwas auf seinem Block und riss den Zettel ab, um ihn auf die kleine Anrichte im Eingang zu legen. "Rufen Sie diese Nummer an. Dort wird man Ihnen alles sagen, was Sie wissen müssen." Mit diesen Worten verließen er und sein Kollege das Haus, während Heike schnaufend zurück blieb.

"Was für Idioten!", schimpfte sie außer sich und rauschte an den Kindern vorbei. Jacob sah seiner Mutter nach, noch immer in den Armen seiner Grandma. "Kommt Papa gleich?", fragte er vorsichtig, obwohl er die Antwort eigentlich schon kannte. Den Schock deutlich im Gesicht stehend, schaute die Alte zu ihrem Enkel herunter, dann zu seiner Schwester. Sie breitete den Arm aus und deutete Stephanie zu ihr zu kommen. Eine erste kräftige Träne rann über ihre Wange als sie dem Jungen in die Augen sah. "Nein. Euer Dad ... kommt ... nicht ... mehr zurück." Schluchzend brach sie in die Arme der Kinder und drückte sie fest an sich.


"Wie geht's deinen Schwestern?", fragt Logan plötzlich und reißt den Gastgeber aus seinen Erinnerungen. Dieser betrachtet seinen Freund. "Ganz gut schätze ich. Zur Zeit habe ich nur mit Nicole Kontakt. Sie ist vor kurzem nach Britechester gezogen und lebt sich ein."

"Kleine Nicki." Logan atmet den Zigarettenrauch in die Nacht aus. "Hat sie's also doch gemacht. Gut für sie." Er hebt die Flasche und prostet Jake zu. "Auf das Entkommen aus der heimischen Hölle."

Der Freund prostet ebenfalls mit einem Lächeln zu und trinkt einen großen Schluck. Ein glückseliges Gefühl umringt ihn, denn auch positive Erinnerungen kommen hoch.
"Hat sie uns nich' mal heimlich besucht, weil sie Stress mit eurer Alten hatte?" Logan zieht grübelnd die Augenbrauen tief in die Stirn. "Wir haben ihr die Stadt gezeigt und am Ende war sie so hackedicht, dass sie den nächsten Tag durch gepennt hat..."



Seufzend erinnert Jake sich an diesen Moment. Wenn es doch nur der einzige Moment gewesen wäre, an dem seine Mutter die Geschwister vertrieb. Sein Mundwinkel zuckt nach oben bei dem Gedanken an früher. Er ist unglaublich froh, den Absprung damals geschafft zu haben und dem Elternhaus den Rücken zu kehren. Das würde er auch seinen anderen Geschwistern wünschen, die diese Möglichkeit noch nicht haben. "Das waren noch Zeiten.", antwortet er daraufhin.

"Yeah,", stimmt Logan zu, "ich war ständig high, hab' alles zusammengeschlagen und 'ne Stunde pro Woche gepennt. Vermiss ich irgendwie." Auch Jake vermisst es. Nicht das High sein, das war noch nie seins. Aber die wenige Verantwortung, die man in jüngeren Jahren noch hatte. Auch das WG Leben mit seinem Freund war entspannter, als das Alleine leben. Seine Schwester wohnt in einer WG mit mehreren Mitbewohnern, doch das wäre ihm zu viel gewesen. "Bereust du, wie sich dein Leben nach unserer Wohntrennung verändert hat?"

Darüber muss Logan nachdenken. Sein Leben ist bisher nicht besonders gut verlaufen. Er hat viel Mist gebaut und noch mehr ertragen. Die meiste Zeit wäre er gern jemand anderes. Aber das Wort 'bereuen' impliziert, dass er es anders machen würde, wenn er könnte. "Keine Ahnung. Für alles, was ich gemacht oder nich' gemacht hab', gab's Gründe." Nachdenklich nimmt er den letzten Zug seiner Zigarette und drückt den Filter an der Schuhsohle aus. "Manche Sachen sind weniger scheiße als andere.", fährt er fort. "Das heißt aber nich', dass es weniger anstrengend is'. Is' nur anders. Die WG-Typen versteh'n mich nich'. Das nervt oft."

Logan nimmt einen großen Schluck aus der Flasche. Ja, es gibt immer wieder Momente, in denen er die gemeinsame Zeit mit Jake vermisst. Weil sein Freund ihn sein lässt, wie er ist. Er weist ihn nicht in seine Schranken, sondern trägt und unterstützt ihn. Nicht mehr mit ihm zusammen zu wohnen, hat eine Lücke in Logan hinterlassen, die nur schwer zu schließen ist. Wie gern würde er Jake dafür danken, ein Teil seines Lebens zu sein. Ohne ihn wäre er unzählige Male untergegangen und irgendwo gelandet, wo er nie wieder heraus gefunden hätte. "Sag ihm, wie wichtig er dir ist." Ahote erscheint aus dem Nichts neben dem Blonden und lächelt Logan auffordernd an. "Nur Mut." Der Schwarzhaarige will zu neuen Worten ansetzen, doch er spürt, wie seine Kehle trocken wird und sich sein Hals zuschnürt. Er kann es nicht. "Keine Ahnung ob jemand wie ich bereu'n kann.", raunt er schließlich.

Jake spürt, dass sein Freund bedrückt ist. Es ist nicht leicht, von anderen verstanden zu werden - das kennt er nur zu gut. "Du weißt, du kannst mit mir reden, wenn dich was bedrückt." - "I know, pal." Logans Gedanken drehen sich im Kreis, laufen ineinander und vermischen sich zu einem einzigen Klumpen. Er wüsste nicht, wo er anfangen sollte, selbst wenn er etwas loswerden wollte. Wie die meiste Zeit spuken einfach zu viele Themen in ihm herum. Alma, Billie, die zukünftige Vaterschaft, die Jahrestage, die Eingliederung in der WG, sein Konsumverhalten und diese ständige Wut.

Zu allem Überfluss ist nun auch Ahote zurück und Logan ist sich nicht klar darüber, was das genau bedeutet. Ist es etwas Gutes oder Schlechtes? Die ständigen Albträume machen ihm zu schaffen und um ihn herum gib es so viele neue Gesichter - neue Sims, auf die er sich einstellen muss. Anpassen war nie seine Stärke, aber mit all dem anderen gedanklichen Chaos im Hintergrund wirkt diese Aufgabe beinahe nicht lösbar.

Die Gedanken in Jakes Kopf kreisen sich erneut um den Abend vor 13 Jahren, als sein Vater starb. Genau da war Logan es, der ihm beistand.



In seinem Bett lag der Junge. Er konnte nicht weinen. Die ganze Zeit halten die Worte seiner Grandma im Kopf. Nicht mehr zurück. Das Letzte, was nun bleiben würde, war der Streit - dieser dumme, unnötige Streit. Ein leises Klopfen am Fenster holte ihn aus den Gedanken. Hinter dem Glas war nichts zu sehen, als das übliche Gestrüpp, das an der Hauswand emporwuchs. Als es erneut klopfte, stand er auf und öffnete das Fenster.

"Jona.", flüsterte Jacob, als er seinen Freund sah. Er erinnerte sich, sie waren verabredet. Sein Gesichtsausdruck war leer und sein Blick abwesend. "Yo, Blondie, was los?" Der gleichaltrige Junge hing gelassen an der Hauswand an eine der Sprossen. Seine Haare standen wild in alle Richtungen ab und hinter dem Ohr hatte er eine Zigarette geklemmt. "Wir wollten doch die Cukoo Schwestern ausspionieren." - "Nicht heute." Jacob schüttelte traurig den Kopf. "Nicht heute.", wiederholte er nochmals, doch eigentlich war er mit seinen Gedanken ganz woanders.

Stutzig musterte Jona den Blonden. Schließlich nahm er Schwung und sprang zum Fenster herein. "Was'n passiert? Macht deine Mom wieder ein' auf Diva?" Erschöpft schaute Jacob jedoch nur zu Boden. Er schwieg eine Weile, bis er sich aufs Bett setzte. "Papa.." Seine Augen wurden wieder glasig, doch weinen konnte er noch immer nicht. Sein tiefes Inneres schrie, aber der Streit und die letzten Worte.. "Papa." Nun schaute er wieder zu seinem Freund herüber. Jona schnappte die Zigarette hinterm Ohr und zündete sie sich an. "Was is' mit ihm?", zuckte er die Schultern. Jacob fühlte einen Kloß in seinem Hals. Sehr schwer fiel es ihm, die Worte über seine Lippen zu bringen. "Er ... hatte ... einen Unfall."

Der ungleiche Freund schwieg, ahnte aber etwas. Er war nicht geübt in solchen Situationen. Andere Sims waren ihm bisher immer egal gewesen. Oder zumindest erwartete man das von ihm. Michael allerdings war einer der Guten. Er mochte ihn. Zumindest glaubte er das. Der Vater seines Freundes war der Einzige Erwachsene, von dem er nicht permanent genervt war oder dem er gern einen fiesen Streich spielen wollte.
Sein Blick ruhte auf Jacob. Der Junge sah elend aus. Das erkannte sogar ein gefühlskalter Klumpen wie Jona. "Und ... was genau...?" Der Freund atmete tief ein und aus. Es dauerte einige Minuten bis er es endlich aussprechen konnte. "Er... ist... tot." Und dies war der Moment, in dem endlich die erste Träne von seinen Wangen hinab lief.

Mit der ersten, kam die zweite und er konnte nicht mehr aufhören. Er weinte bitterlich vor seinem Freund. "Fuck...", flüsterte Jona gedehnt. Er hatte keine Ahnung, was er sagen oder tun sollte. Würde jemand aus seinem Elternhaus plötzlich sterben, wäre das kein großes Drama. Aber Michael? Nervös zog er an der Zigarette und beobachtete den Jüngeren, der ungehalten schluchzte.
Schließlich entschied er sich, zu ihm herüber zu gehen. Er setzte sich neben ihn aufs Bett, aber Worte wollten ihm einfach nicht einfallen.

"Was ... soll ich machen?", fragte er nach einer Weile. "Willste allein sein oder so?" Jacob schüttelte daraufhin den Kopf. "Bitte bleib." - "Soll ich Bier besorgen?", fragte der Ältere. "Oder irgendwas anderes?" Jacob schwieg.
Einige Minuten später wischte er sich die Tränen vom Gesicht. "Wir hatten uns gestritten." Jona nickte. Er rückte einige Zentimeter weg, um seinen Freund besser ansehen zu können und lauschte. Er berichtete ausführlich vom Streit, während er schluchzte und zeitweise pausieren musste, um seine Nase zu schnäuzen. "Ich fühle mich schuldig. Hätte ich ihm doch nur gesagt, wie sehr ich ihn liebe.. liebte."

Jona konnte nichts dazu sagen. Er hatte keine Ahnung von Beziehungen dieser Art. Er sah in anderen Familien, dass es etwas gab, das anders war als in seinem Elternhaus. Aber für ihn waren das Märchen oder schnulzige Geschichten. Er hatte Mühe sich vorzustellen, dass andere Kinder und Jugendliche nicht das erlebten, was ihm zu Hause blühte. Doch je älter er wurde, desto mehr musste er akzeptieren, dass nicht die Anderen die Freaks waren, sondern er und seine ... Erziehungsberechtigten.

"Ich glaub',", begann er schließlich zögerlich. Wie sollte er das ausdrücken? Wenn er daran dachte, wie Michael mit Jake agiert hatte, dann war sehr deutlich, was er von seinem Sohn hielt. "Dein Dad is' 'n super Typ. Und er hat immer alles für euch getan. Er erlaubt dir sogar, mit mir rumzuhängen. Ich hab' echt keine Ahnung von sowas. Aber ich glaub, er weiß das." Nach diesen Worten schaute Jacob aus dem Fenster gen Himmel. Ich hoffe, du weißt es., sagte er in Gedanken.


(In Zusammenarbeit mit @RivaBabylon.)


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13.05.2023 01:47 (zuletzt bearbeitet: 01.02.2024 16:14)
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Charaktere: Logan, Jake, Sophia, Anna-Maria, Paul
Gescichtsstrang: Alte Freunde Teil 3 - Rescue






Dunkelheit umgibt ihn. Sein Körper ist schwer - er spürt ihn kaum und es kostet ihn einige Willenskraft, den Kopf zur Seite zu wenden. Von irgendwo hört er Knack- und Schmatzgeräusche, doch die Schwärze um ihn herum lässt nichts erkennen. Schwerfällig versucht er das Bein zu heben, um einen Schritt nach vorn zu machen. Doch etwas hält ihn am Boden. Mit langsamen Bewegungen senkt er den Kopf und schaut auf seine Füße. Der Boden unter ihm wirkt weich und ... lebendig. Abstrakte Formen winden sich ineinander und etwas erhebt sich aus dem organischen Gewirr. Ein Dutzend dürrer, knorriger Hände ragen aus der Masse empor und greifen nach ihm, packen ihn an den Beinen und zerren ihn in die Tiefe. Sein Geist ist wie betäubt - willenlos kann er es nur geschehen lassen.

Logan erwacht.



"Wenigstens kein feuchter Keller." Ahote schaut ihn aufmunternd an. Der Übernachtungsgast wischt sich mit beiden Händen übers Gesicht. Er fühlt sich gerädert. Zwei tiefe Atemzüge später setzt er sich auf und ist erstaunt über die geringen Beschwerden seines Knies. Dennoch wirken seine Schritte steif, als er auf den Balkon geht. Dort steckt er sich eine Zigarette an und lehnt sich auf die Brüstung. Der Schlafmangel der letzten Nächte zehrt an ihm. Frustriert lässt er den Blick über das Dorf schweifen - die Häuser, in denen all diese glücklichen Familien leben, seelenruhig schlafen und keine Ahnung davon haben, wie beschissen das Leben sein kann. Die meisten von denen wissen gar nicht zu schätzen, was sie haben.



"Sie tragen weder Schuld an deinen Erfahrungen, noch an deiner Laune.", beschwichtigt das große Wesen. Logan rollt genervt mit den Augen, als er den letzten Zug nimmt und den Filter achtlos in die Tiefe schnippt. "Kannste nich' irgendwem anderen auf den Sack geh'n?", mault er und zieht an Ahote vorbei, zurück in die Wohnung. Der Begleiter antwortet nicht. Logan dreht sich herum, doch das Wesen ist verschwunden. 'Ich dreh' durch...' Er schnappt seine Klamotten und geht ins Erdgeschoss, wo sein Gang ins Bad führt. Eine heiße Dusche später setzt er die Kaffeemaschine an und geht vor die Tür. Die morgendliche Stimmung verlangt nach weiterem Nikotin.



Einige Stunden sind vergangen, seit der Gast seinen Tag begonnen hat. Mit der Gitarre sitzt er vor der Eckcouch in der Küche auf dem Boden, als Jake die Treppe herunter geschlichen kommt. "Mornin', sleepin' Beauty.", grüßt der Lockige den Gastgeber, ohne von seinem Spiel abzulassen.



Grinsend hebt Jake die Hand. "Ja, guten Morgen. Du schon wach?"
"Ich bewundere deine Beobachtungsgabe.", entgegnet Logan mit unbeeindruckter Mine. "Was haste noch für Tricks auf Lager?"



Wenn er mal welche hätte. Der einzige Trick der ihm seit einigen Wochen gelingt, ist seine 1000 mg Tablette in einem Mal herunterzukriegen. Apropos. Er geht an eine Schublade seiner Küche und öffnet diese, um einen Blister herauszuholen. Anschließend holt er ein Glas aus dem Schrank und füllt es auf mit Wasser.

Logan verfolgt ihn mit Blicken, sagt aber nichts. Als sie zusammen lebten, hat Jake nie irgendetwas eingeworfen. Zumindest erinnert er sich nicht daran - aber was heißt das schon...

Mit dem Getränk setzt sich der Blonde an den Tisch und nimmt die Tablette zu sich. "Ich wollt Dir noch was sagen.", beginnt er plötzlich.
"Schieß los." Logan legt die Gitarre beiseite und geht zur Theke herüber, um sich einen weiteren Kaffee zu holen. An die Arbeisplatte gelehnt, bleibt er stehen und schaut den Gastgeber aufmerksam an.



"Ich bin krank." An die Rückenlehne des Stuhls gedrückt, starrt Jake auf sein Glas. "Vor einiger Zeit wurde bei mir Epilepsie festgestellt. Ursache unbekannt. Jedenfalls bin ich in Behandlung und nehme Medikamente. Noch bin ich nicht optimal eingestellt, aber das wird mit der Zeit." Nun sieht er seinen Kumpel an.
Logan lässt die Worte sacken. Epilepsie... Kommt immerhin oft genug vor, dass man hier und dort schon davon gehört hat. Er nimmt einen Schluck aus seiner Tasse, bevor er fragt: "Was heißt das genau? Wie schlimm isses?"



Jake steht auf und stellt das inzwischen leere Glas auf den Tresen. "Was heißt schlimm? Ich habe ein paar Medikamente ausprobiert, die haben aber noch nicht geholfen. Seit kurzem nehme ich das hier." Er liest den Namen vom Blister vor. "Mein letzter Anfall ist schon was her. Vermutlich wirkt es." Ein Lächeln ringt sich der junge Mann ab. Optimistisch bleiben haben die Ärzte gesagt. Es ist ja schließlich kein Krebs.

Logan unterdrückt ein Seufzen. Er würde seinem Freund gern ein paar aufmunternde Worte sagen. Aber wie immer fällt ihm nichts ein. Er ist nicht besonders gut darin, jemanden aufzubauen oder gut zuzureden. Er kann nur meckern. Darüber, dass es nicht fair ist, dass Jake jetzt auch noch so etwas ertragen muss. Er ist der beste Sim, den es auf diesem gottverdammten Planeten gab, gibt und jemals geben wird - er sollte mit Glück und Zufriedenheit überschüttet werden. Stattdessen macht das Leben, was es immer macht - es haut den falschen Sims eine rein. "Wie is' das, wenn du so'n Anfall hast?", fragt er schließlich aus ehrlichem Interesse.



Diese Frage musste er schon oft beantworten. Daher fällt es ihm jetzt auch leicht, doch ein gemischtes Gefühl schleicht sich dennoch ein. "Wenn ich am Tag einen Anfall bekomme, kann ich zu Anfang meine Hände nicht mehr kontrollieren, auch meine Augen zucken. Und irgendwann wird alles schwarz. Was in der Zeit passiert, weiß ich leider nicht. Sobald ich wach werde, zittern meine Glieder und ich habe unheimliche Kopfschmerzen." Er verzieht leicht den Mund und versucht Logans Mimik zu deuten. Dann fährt er fort. "Wenn ich nachts Anfälle bekomme, werde ich entweder schon vor dem Anfall wach oder aber spätestens nach dem Anfall durch die Muskelzuckungen."
"Wie muss ich mir das vorstellen?", fragt der Kleinere weiter nach. "Wird es plötzlich schwarz, wie ein Vorhang, der fällt oder geht das schleichend? Kriegst du Schiss, wenn das passiert oder bleibt dafür keine Zeit?"



Das Interesse seines Freundes freut Jake einerseits, doch möchte er nur ungern Logan Kummer bereiten. "Also diese Vorboten nenne ich sie mal, treten plötzlich auf. Mittlerweile weiß ich, was das bedeutet. Dann begebe ich mich direkt in eine liegende Position, soweit mir das möglich ist.." Kurz pausiert er. "Und dann fühlt es sich an.. wie ein Kreislaufzusammenbruch. Kennst du dieses Schwarz vor Augen - es ist kein stures schwarzes Bild, sondern die einzelnen Punkte im Bild verändern sich? Werden größer und wieder kleiner." Die Erinnerungen treten auf und er schüttelt kurz seinen Kopf. "Jedenfalls ist es dann soweit. Ich werde ohnmächtig. In diesem Moment weiß ich also, wenn alles schwarz wird, ich bin weg. Aber wenn ich aufwache, muss ich mich erst orientieren, bevor ich mich wieder erinnern kann."
Logan nickt. Zum Teil kann er die Beschreibung nachvollziehen. Wenn er derealisiert, depersonalisiert oder in selteneren Fällen dissoziiert. Er hat keine Ahnung, ob er mit Jake jemals darüber gesprochen hat. Allerdings ist er sich sicher, dass der Blonde ihn schon in solchen Momenten erleben konnte. "Wer weiß davon?", fragt er mit Blick in seine Tasse, bevor er den letzten Schluck herunter stürzt.
"Nicole weiß es und meine Nachbarn." Dann wären da noch die Ärzte. Gregor sein Arbeitskollege, der ihn krampfend am Boden vorfand. Die Mitarbeiter und Kunden eines Supermarktes, die ihn während eines Anfalls beobachteten und wie Schaulustige um ihn herum standen, als er wach wurde.
Doch das sagt er seinem Freund besser nicht.

Logan gießt sich schweigend eine weitere Tasse ein und hält die Kanne mit fragendem Blick in Jakes Richtung.
Dieser nickt und nimmt anschließend die Tasse an sich. "Es hört sich schlimmer an, als es ist. Ich werd' wieder. Nur ist aktuell groß Party machen oder saufen nicht mehr drin. Ich muss mein Leben etwas umstellen." Er trinkt einen Schluck.
"Dann biste in sonem Kaff am perfekten Ort gelandet." Logan zieht eine Augenbraue in die Stirn und starrt seinen Freund an. "Wait a sec ... Is' das der Grund, warum du hier wohnst?"
Jake verzieht den Mund ein wenig. "Auch ja. Ich brauchte Veränderung.." Seufzend legt er eine Hand gen seiner Schläfe. "Wenn sowas passiert, macht man sich viele Gedanken. Das Leben ist zu kurz, um es zu vertrödeln oder einfach so weiter zu machen, wie immer und unglücklich zu sein."



Der Lockige senkt den Blick. In dieser Aussage steckt so viel, das in ihm verschiedenste Regungen weckt. Aus seiner Sicht kann er dem Blonden nicht zustimmen. Glück ist eine Illusion und das Leben ist nur das Warten auf den Tod. Wie oft hat Logan sich gefragt, was er auf dieser Welt zu suchen hat. Wie oft spielte er mit dem Gedanken, alles zu beenden... Wem nützt sein jämmerliches Dasein etwas? Aber Jake führt ein komplett anderes Leben. Er ist wertvoll, liebenswert und vor allem glaubt er an das Gute. Aus seiner Perspektive ergibt sein Gedanke durchaus Sinn. "Woher weißt du, was dich glücklich macht? Vorausgesetzt, sowas gibt's überhaupt."
Nachdenklich schaut dieser zur Zimmerdecke. "Ich höre da mittlerweile auf mein Gefühl. Etwas zu tun, weil mans muss oder zu bequem ist, etwas zu verbessern - das fühlt sich so schlecht an. Das will ich nicht mehr."



Das Gefühl ... Logans Gefühl sagt ihm, er muss dringend mit den Drogen aufhören. Und dem Saufen. Und dem Prügeln. Aber wenn er diese Dinge nicht tut, geht's ihm beschissener als mit dem ganzen Mist. Ist das die Bequemlichkeit, von der sein Freund redet? So oder so fühlt sich sein Leben schlecht an. Wo ist also der Unterschied? "Haste 'nen Plan für deine Zukunft?", fragt er nach einem Moment des Schweigens.
Nachdenklich sieht Jacob zur Zimmerdecke. "Sobald ich weitestgehend anfallsfrei bin, möchte ich meinen Job wechseln. Die Firma, in der ich aktuell bin, geht gar nicht. Die Werbebranche ist einfach nicht meins." Als Grafik-Designer hat er viele andere Möglichkeiten, die er ausprobieren möchte. "Da ich noch krank geschrieben bin, kann ich mir in Ruhe Gedanken machen, wohin es beruflich genau geht. Als Freelancer wäre ich durchaus unabhängiger und könnte das machen, was mir wirklich gefällt."
Logan nickt zustimmend. "Klingt gut. Werbung passt nich' zu dir. Dein Job bringt viele Vorteile. Kannst auf der ganzen Welt arbeiten."
"Du hast es erfasst." Grinsend lässt sich Jake locker auf seinem Stuhl nieder. "Und dann mal sehen, sobald Gesundheit und Job sicher sind, werde ich mich von einer ganz tollen Frau finden lassen mit der ich dann eine Familie gründen werde." Lächelnd schaut er Logan an. "Ich brauche keine ONS mehr oder flüchtigen Liebschaften. Das will ich nicht mehr."



"Elender Romantiker.", schmunzelt Logan, als er einen Stuhl unter dem Tisch heraus zieht und sich setzt. "Beziehungen bringen nur Ärger. Und Kinder ... machen Dreck und Lärm ... bestenfalls." Die Mimik des Dunkelhaarigen wird düster. Nachdenklich verliert sich sein Blick irgendwo auf dem Tisch. Eine weitere Sorge, die ihm seit Monaten im Nacken klebt. Noch immer weiß er nicht, was er tun soll, wenn dieses Balg tatsächlich von ihm ist. Sie verpflichtet ihn zu rein gar nichts, hatte sie gesagt. Aber sein Gewissen brüllt ihm regelrecht ins Hirn, dass er sie damit nicht alleine lassen kann.



"Apropos Kinder. Rate mal wen ich vor kurzem in San MyShuno getroffen habe?", fragt Jake plötzlich.
Entgeistert starrt Logan ihn an. "Nich' dein Ernst."
Scheinbar weiß sein Freund, auf wen er anspielt. "Nun, sie schien etwas aufgeschmissen zu sein, weil ein gewisser jemand.." Jake zeigt auf Logan mit seiner rechten Hand. ".. plötzlich verschwunden ist und ihr eigentlich helfen wollte. Was hast du mir verschwiegen?"

Der Gast schaut wieder auf den Tisch vor sich und seufzt.
"Sie weiß nich' mal, von wem es is'. Ich bin nur im Finale." Er nimmt einen großen Schluck aus der Tasse und wünscht sich insgeheim, es wäre wenigstens Bier darin. "Wir haben drüber geredet und ... ", nervös fährt er sich durchs Haar, "sie meinte, sie würde 'nen Test machen, nach der Geburt. Einfach weil sie's wissen will." Ein tiefes Seufzen kann er sich nicht verkneifen, bevor er weiter erklärt: "Ja, ich hab' ihr gesagt, ich helf' ihr. Weil ihre Alten ziemlich angepisst sind. Sie hat kaum Kohle. Aber ..." Er kratzt sich unruhig am Kopf, "ich mein', ich hab' ihr 'n paar mal was überwiesen. Ich bin ... die Sache überfordert mich, man. Ich kann kein Dad sein. Ich kauf ihr alles, was sie braucht, aber ..." Logans Blick wendet sich jetzt an seinen Freund. Verzweiflung schießt ihm aus jeder Pore. "Wenn es von mir is', hat's mit großer Wahrscheinlichkeit 'nen Dachschaden. Ich mein, guck mich an... Ich bin doch nich' normal da oben." Mit einem Finger tippt er sich an die Schläfe. "So'n Kram vererbt sich. Und dann stell dir vor, ich soll auf das Ding aufpassen ... Ich hab' doch nich' mal mich im Griff! Was, wenn ich ..." Logan schluckt und wendet den Blick beschämt ab, "wenn ich ... irgendwas schlimmes mach?" Seufzend schüttelt er den Kopf. "So oder so... die beiden sind besser dran ohne mich."



Jake legt die Hände an seinen Mund und denkt nach. "Warte erstmal ab, wer der Vater ist. Um ehrlich zu sein habe ich ihr meine Hilfe angeboten, wenn sie welche benötigt. Sie tat mir wirklich Leid."
"Yeah." Logan nickt. So ist Jake eben. Das macht ihn so besonders. Beiläufig schaut er auf die Uhr - in zwanzig Minuten werden die beiden nebenan erwartet. Logan steht auf, klemmt sich eine Zigarette in den Mundwinkel und geht zur Tür.



Indes trinkt Jake seine Tasse leer und geht kurz ins Bad, um sich fertig zu machen. Er freut sich auf das gemeinsame Essen mit seinen Nachbarn. Noch immer ist er überrascht, dass sich Logan darauf eingelassen hat. Nach ein paar Minuten geht er ebenfalls zur Tür und sieht zu seinem Freund. "Bereit?"
"Sure." Logan schnippt den Filter davon und pustet den Rauch aus. "Will wissen, was an diesen Heinis so special is'." Er lässt dem Blonden den Vortritt.

Als die Beiden zur Haustür gelangen, klingelt Jake.
Es dauert einen Moment, bis sich die Tür öffnet. Anna-Maria empfängt die Gäste mit einem freundlichen Lächeln. "Bitte, kommt herein. Ich bin Anna-Maria. Aber Anna reicht." Sie reicht Logan die Hand und zieht sie verunsichert zurück, als er nur eine Augenbraue anhebt. Sein Blick fällt auf Jake. 'Be kind, asshole.' "Logan.", brummt er der kleinen Frau zugewandt. "Logan reicht."

Irritiert sucht sie Jakes Blick, doch die Gäste treten bereits ein und ihr bleibt nur, hinter ihnen die Tür zu schließen. Paul hievt sich aus seinem Sessel, als die Gäste den Raum betreten. "Jake, mein Junge." Mit festem Handschlag und der anderen Pranke auf der Schulter des Jüngeren, begrüßt er den Mieter.
"Hallo Paul, schön Dich zu sehen.", grüßt er freudig zurück.
'Mein Junge?? What the bloody fuck!?' Logan betrachtet den Hausherren skeptisch. Der Kerl ist riesig. Sogar größer als Tom. Gegen ihn muss er selbst aussehen, wie ein lächerlicher Gartenzwerg. Wenn er dem Kerl gegen das Schienbein treten würde, wäre es, als würde ihn eine Mücke stechen. Logan senkt den Kopf, als der Bärtige sich ihm zuwendet. So war es auch bei IHM. Ein unantastbarer Riese.



Jake geht weiter ins Esszimmer und sieht Sophia. "Hallo, na Kleine! Alles gut bei dir?"
"Klar, weißt du doch.", strahlt die Jüngste. "Cool, dass du heute mit uns isst." Anna-Maria beginnt, das Menü aufzutragen - einige Male flitzt sie von der Küche zum großen Esstisch und zurück. "Setzt euch, dann können wir beginnen."
Der Blonde kommt ihrer Aufforderung nach und versucht Logans Mimik zu deuten. Er lächelt ihm kurz zu und wendet sich dann wieder Sophia zu. "Und freust du dich schon auf die freie Zeit?"
"Und wie! Kann wirklich eine Pause von der Büffelei gebrauchen."
"Es dauert nicht mehr lange, dann hast du es hinter dir.", wirft Anna-Maria ein, als sie den letzten Teller auf den Tisch stellt. "Sie hat keine Note schlechter als 2." Die Mutter platzt beinahe vor Stolz. "Ist das nicht super?"
Logan beobachtet die Szenerie, schweigt und setzt sich.
"Wunderbar! Dann stehen Dir ja eine Menge Möglichkeiten offen.", lobt Jake die Teenagerin.



"Paul, wo hast du die Getränke hingestellt?", fragt die kleine Frau plötzlich.
"Die sind noch im Keller,", erklärt ihr Mann brummend.
"Ich sagte doch, du kannst schon etwas hoch holen."
"Anna, ich habe doch keine Ahnung, was die Burschen trinken wollen."
"Hast du sie denn schon gefragt?"
"Das wollte ich ja gerade." Der Riese stemmt sich auf die Stuhllehne und schaut die Gäste abwechselnd an. "Also? Was wollt ihr trinken?"
"Es ist alles da,", schiebt Anna-Maria nach, "Brausen, Säfte, Tees, ..."
"Gern einen Multivitaminsaft.", antwortet Jake und blickt zu Logan herüber.
"Bier."
Der Blonde verzieht keine Miene. Er blickt zu Paul.
Der Hausherr nickt brummend. "Haben wir auch da, ja..." Er tauscht einen schwer zu deutenden Blick mit seiner Frau aus und verlässt den Raum. "Also, ... Logan, wie lange bleibst du?"
Der Lockige zuckt mit einer Schulter. "Hängt davon ab, wann ich raus geschmissen werd'."
Die Gastgeberin schaut unsicher zu Jake.
Dieser grinst. "Sein Humor ist einzigartig."
"Oh, ich ... verstehe ...", peinlich berührt lächelt sie. Sophia neben ihr kichert leise. Sie findet den schweigsamen Gast interessant. Er bringt frischen Wind in die Familie.
"Und ... wie geht es dir Jake?", richtet die Rundliche jetzt das Wort an den Blonden. "Gibt es Neuigkeiten?"
"Nicht viel. Mein letzter Arzttermin ist gut verlaufen. Mein Neurologe ist zuversichtlich angesichts der neuen Medikation.", berichtet Jake mit einem Lächeln.
"Das ist eine gute Nachricht. Eine sehr gute." Anna-Maria freut sich sichtlich. "Dann wird es dir schon bald wieder gut gehen."



Durch die Tür sind die schweren Schritte des Hausherren zu hören. Kurz darauf öffnet sich die Tür und Paul kommt mit einem großen Korb in der Hand hinein. Er verteilt die Getränke und setzt sich, bevor er die Hände faltet, Anna-Maria tut es ihm gleich. Sophia schließt die Augen und senkt den Kopf. Einen Moment herrscht bedächtiges Schweigen.
Logan zieht die Augenbrauen tief ins Gesicht. 'No way!' Er ist in einem Haus voller gläubiger Christen gelandet. Fassungslos starrt er seinen Freund an.
Jake fordert ihn mit einer kleinen Handbewegung, als auch seiner Mimik auf, es ihm gleich zu tun und senkt den Kopf. Bislang hat er nicht wirklich an eine höhere Macht geglaubt, doch seit er die Familie Frietmann kennen gelernt hat, hat er sich häufiger Gedanken dazu gemacht.
Logan lehnt sich im Stuhl zurück und verschränkt die Arme. Sollen die doch ihren Zirkus durchziehen. Wann hat deren Allmächtiger jemals etwas für ihn getan? Nein, er wird mit Sicherheit niemanden anbeten. Außer vielleicht Alice Cooper.



Paul bemerkt davon nichts. Viel zu sehr ist er in seinem Glauben vertieft. Lediglich seine Frau schenkt dem neuen Bekannten ein gutmütiges Lächeln, von dem der Lockige nicht weiß, wie er es deuten soll.
Die kleine Frau beginnt, das Essen zu verteilen und überlegt dabei fieberhaft, wie sie den stillen Gast in ein Gespräch einbinden könnte. Schließlich brennt sie darauf, ihn kennen zu lernen. Er ist ein guter Freund von Jake und das allein macht sie neugierig.
"Wie lange kennt ihr zwei euch schon?", fragt sie schließlich, ohne den Blick an jemand bestimmten zu richten.
"Hm, das ist schon viele Jahre her. Logan, waren es 14 oder 15 Jahre?", fragt Jake an seinen Freund gewandt.
"Das fragste den Gedächtnisking, ja?" Grübelnd zieht er die Augenbrauen in die Stirn. Als er acht Jahre alt war, hat ER ihm gezeigt, wer der Herr im Haus ist. Er hatte sich geweigert ... zu gehorchen. Seinen Widerstand hatte er teuer bezahlt. Damals kannte er Jake bereits. Er erinnert sich vage daran, dass der andere Junge schon damals diese Empathie besaß. Er hatte sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Doch Logan hatte ihm nie von diesem Tag im Keller erzählt.

Die kalte Hand krallt sich in Logans Nacken. Er spürt den stinkenden Atem an der Wange. 'Jetzt nich' hängen bleiben...'
Logan schließt die Augen und atmet tief ein, wischt sich mit der Hand das Gefühl von der Haut und hebt die Augenlider.
"War noch keine Acht, muss also schon zwanzig Jahre her sein... bloody hell, bist du alt man.", bemerkt er trocken und hofft, so der eigenen Stimmung entgehen zu können.
Jake lacht daraufhin. "Ja, Wahnsinn. Wie die Zeit vergeht."
"Wenn Jake alt ist, bist du es dann nicht auch?", fragt Sophia grinsend.
Logan schüttelt mit eiserner Mine den Kopf. "Bin Musiker. Die werden nich' alt."
Anna-Maria schmunzelt klangvoll und wünscht einen guten Appetit.
"Eine so lange Freundschaft ist etwas Besonderes.", sagt sie sanft.
Der Blonde legt kurz seine Hand auf Logans Schulter. "Und wie.", bestätigt er sodann, als er sich dem Essen widmet und die ersten Bissen verspeist. "Sehr lecker, Anna-Maria."



Zwar hat der Dunkelhaarige nicht besonders viel Appetit, doch das Essen sieht nicht nur köstlich aus, es duftet auch fantastisch. So beginnt er zaghaft, vom Fisch auf die Gabel zu schieben.
"Remember our fishin' days...", murmelt er.
"Wie bitte?" Anna-Maria schaut neugierig auf.
"An unserem Tisch wird eine Sprache gesprochen, die alle verstehen.", erklärt Paul mit scharfem Unterton.
Logan hebt verwundert die Augenbraue.
"Das kann er doch nicht wissen.", besänftigt seine Frau.
"Ja, Sir.", nickt Logan. "Ich bitte um Vergebung, Sir. Wir sprechen für gewöhnlich immer englisch miteinander. Ich habe meinen Fehler nicht bemerkt."



Verwundert beobachtet Jake die Szenerie. Pauls Kommentar überrascht ihn. "Ich erinnere mich an unsere ... witzigen, als auch traurigen gemeinsamen Momente ... Durch Dick und Dünn."
"Darin biste besser als ich."
Logan schiebt sich etwas Gemüse in den Mund und kaut darauf herum.
Anna-Maria beobachtet ihn dabei. Etwas an seinen Bewegungen ist unharmonisch.
"Schmeckt es dir nicht?", fragt sie vorsichtig.
"Doch, es ist wirklich gut.", nickt der Angesprochene. "Bin nur kein besonders guter Esser.", erklärt er wahrheitsgemäß. 'Und ich muss die verdammte Kauleiste checken lassen.' Seit er in der old Station Bar einkassiert hat, fühlt sich etwas am Ersatz merkwürdig an.
"Ihr redet also englisch miteinander.", wiederholt Paul die Worte seines Gastes.
"Ja, Sir.", nickt Logan.
Der Blick des Riesen trifft den Dunkelhaarigen. Warum nennt er ihn ständig Sir? Der Hausherr beginnt, den Kleinen unsympathisch zu finden.
Er richtet sich nun an Jake: "Warum das?"
"Logan ist aus England. Ich selbst bin zweisprachig aufgewachsen, neben simlish auch englisch. Eine weitere Sache, die uns verbindet.", lächelnd sieht er zu Paul.
Der Große nickt. Er mag England. Vor allem die Küsten. Oft schaut er sich im Fernsehen Dokumentationen an und sagt sich jedes Mal, dass er einmal dort Urlaub machen wird.
"Wo in England?", fragt er, den Blick wieder auf den Dunkelhaarigen gerichtet.
Logan kaut langsam. Es gefällt ihm nicht, hier Rede und Antwort zu stehen.
"Oxford."
"Interessant. Die Stadt der Gelehrten." Paul legt sein Besteck ab und streicht mit einer Hand über seinen Bart.
"Hast du dort auch studiert?"
Sein Gegenüber greift zur Bierflasche und trinkt einen kräftigen Schluck.
"Nich' jeder in Malibu wird Rettungsschwimmer und nich' jeder, der zufällig in Oxford wohnt, studiert."
"Aber gelernt hast du doch etwas?", fragt der Riese weiter.
"Sure.", nickt Logan. "Ja.", fügt er hinzu, als er bemerkt, dass sein Wort ein englisches war.
"Paul, ich denke, das reicht jetzt." Anna-Maria bemerkt den Stimmungswechsel am Tisch. Auch Logan hat inzwischen das Besteck abgelegt und liefert sich mit Paul einen Anstarrwettbewerb. Der Hausherr schwenkt für eine Sekunde herüber zu seiner Frau, bevor er die Gabel wieder in die Hand nimmt und weiter isst.



"Was habt ihr denn an Weihnachten vor, Anna-Maria?", wechselt Jake das Thema. "Kommen die Großen zu Besuch?"
Ihr Blick erhellt sich. "Ja,", nickt sie freudig, "wir erwarten volles Haus. Endlich wieder einmal die ganze Familie zusammen."
Der Blonde lächelt ihr zu und sieht zwischen Paul und Logan hin und her. Die Anspannung in Logans Mimik, als auch die gespannte Körperhaltung von Paul ist noch immer deutlich erkennbar.
"Nicole und ich werden vielleicht für einen Tag zu meiner Mutter fahren. Eigentlich wollte sie uns besuchen, aber wir versuchen das so lange es geht hinauszuschieben. Ihr wisst ja um unser Verhältnis."
"Wenn du möchtest, darfst du gern zu uns kommen. Und deine Schwester ist natürlich auch willkommen." Sie schaut zu ihrem Mann herüber. "Nicht wahr, Paul?"
"Natürlich.", nickt der Älteste.
"Und du, Logan? Was hast du schönes vor zu den Feiertagen?" Die mehrfache Mutter schaut mit wachen Augen zum Lockigen.
"Einsperren, volllaufen lassen und so wenig wie geht von dem Mist mitkriegen.", murrt er mit genervter Mine.
Jake verschluckt sich, grinst etwas und sagt erklärend. "Weihnachten ist leider nicht für jeden von uns ein Fest der Liebe."
Sophia schaut mit großen Augen von Logan zu ihrem Vater. Wenn der Typ so weiter macht, wird ihr alter Herr noch an die Decke gehen.
"Jedenfalls komme ich gerne auf das Angebot zurück. Ich sehe meine Schwester die Tage und bespreche dann mit ihr alles weitere.", lenkt Jake weiter ein.
"Ja, bitte tu das. Ich würde mich wirklich freuen." Anna-Maria trinkt von ihrem Saft und wendet sich dann wieder an Logan. "Wenn du dich anders entscheidest, bist auch du herzlich willkommen."
Paul entfährt ein unzufriedenes Brummen.
Sophia zu seiner rechten verkneift sich ein Kichern.
"Ach, wenn er sich gern einsperren und allein sein will, solltest du ihn nicht davon abhalten.", erklärt Paul. "Vermutlich ist es so für alle das Beste.", nuschelt er leise weiter in seinen Bart hinein.
"Und, habt ihr schon alle Geschenke besorgt?" Jake hofft, dass es nicht zu einer Eskalation kommt, wenn die beiden Herren sich nicht einkriegen. Allerdings ist er verwundert, dass Logan schweigt. Ob das so bleibt?
Anna-Maria winkt entspannt ab. "Schon lange."
"Sie fängt damit schon im Januar an.", wirft Paul ein.
"Wenn ich etwas sehe, bei dem ich an jemanden denken muss, nehme ich es mit. Schließlich kommen Weihnachten und Geburtstage jedes Jahr aufs Neue.", lächelt die Kleine mit ein wenig Stolz über ihre Genialität.
"Ich muss noch Sachen besorgen.", verzieht Sophia den Mund. "Ich hätte nur gern einen Begleiter." Bedeutungsschwanger rollt sie mit den Augen.
"Dann frag' jemanden.", entgegnet Logan trocken.
"Wen denn?", zuckt die Teenagerin mit den Schultern.
"Jemanden, den du dabei haben willst."
Etwas beschämt senkt sie den Kopf. "Was, wenn er nein sagt?"
Logan seufzt leise. "Na, willste shoppen oder 'n Date?"
Sophia spürt, wie ihr Gesicht heiß wird. Alle Augen liegen auf ihr. Zumindest fühlt es sich so an. Ein unsicheres Schmunzeln legt sich auf ihre Lippen.



"I see.", nickt Logan. "Geht mich ja nix an, aber Männer stehen nich' so auf Weihnachtseinkäufe. Kann schon sein, dass es da Ausnahmen gibt, aber die meisten finden das ziemlich lästig."
Das Mädchen hebt den Blick und starrt Logan an. "Meinst du?"
"Hör' auf mich, girl. Geh' mit 'ner Freundin shoppen und für den Kerl überlegste dir was anderes."
"Er hat nicht unrecht, Phia.", flüstert Anna-Maria ihr zu.
Auch Jake nickt zustimmend in Richtung Sophia.
Anna-Maria räuspert sich. "Möchte noch jemand etwas?"
Paul verneint, ebenso wie Sophia.
Nachdem auch die Gäste dankend abgelehnt haben, beginnt die Hausherrin, den Tisch abzuräumen. Ihre Jüngste hilft ihr dabei, während Paul am Tisch sitzen bleibt. Ihm gehen unzählige Fragen durch den Kopf, die er in diesem Moment allerdings lieber für sich behält. Er wird Jake bei Gelegenheit zur Seite nehmen und mit ihm in Ruhe reden.

Logan steht auf und geht nach draußen, um eine zu rauchen.
Es dauert nicht lange, bis sich hinter ihm die Tür öffnet und Anna-Maria heraus kommt. Lächelnd betrachtet sie ihn.
"What?", fragt er, als sie nichts sagt.
"Ich wollte nur ..." Die kleine Frau weiß noch nicht so recht, wie sie mit dem neuen Bekannten umgehen soll. Er ist aus ganz anderem Holz geschnitzt, als sein Freund. Mit so einem Charakter hatte sie nicht gerechnet.
"Nimm es Paul nicht übel.", beginnt sie von vorn. "Er ist ein guter Mann. Unser Beschützer."
Logan zieht eine Augenbraue in die Stirn. "Old Yeller, hm?" Der Lockige spielt auf einen uralten Film an - wohlwissend, dass der namengebende Hund am Ende erschossen wird.
Die Kleine legt den Kopf schräg. "Ich verstehe nicht..."
In sich hinein schmunzelnd schüttelt der Gast den Kopf. "Egal.", murmelt er und nimmt einen tiefen Zug, bevor er den Rest der Zigarette zu Boden fallen lässt und sie mit dem Fuß aus tritt. "Time to say good bye.", sagt er mit fester Stimme und will wieder ins Haus gehen.
"Schon?" Anna-Maria blinzelt ihn aus großen Augen an. "Wir konnten uns doch noch gar nicht kennen lernen."
"Hast du's so nötig?", fragt er mit leicht abwertendem Tonfall.
Schockiert starrt sie ihm hinterher, als er im Haus verschwindet.



Gezielt geht Logan auf den Blonden zu. Auf englischer Sprache erklärt er ihm, dass es für ihn Zeit ist, aufzubrechen.
Mürrisch beobachtet Paul den Gast. Der Bursche hält sich nicht an die Regeln.
Auch Sophia horcht auf, als Jake von dem Kumpel angesprochen wird. Sie versteht die beiden gut und ist ein bisschen enttäuscht, dass der Rebell schon los muss. Es ist aufregend, jemanden wie ihn zu Besuch zu haben. Diese ewige Harmonie ist auf Dauer langweilig.
"Bye, girl.", richtet der Lockige sich an sie. "Immer mutig bleiben.", zwinkert er und knufft mit der Faust ihren Oberarm.
Paul nickt er respektvoll zu und zupft die imaginäre Hutkante.
"Gute Fahrt,", versucht Anna-Maria es noch einmal mit einem Handschlag. "Schön, dass du da warst, auch, wenn es nur kurz war.", lächelt sie und erkennt, dass ihre Gestik zum zweiten Mal ins Leere laufen wird.

Jake drückt seinen Kumpel zur Verabschiedung. "Auf bald!", sagt er mit einem Grinsen.
In dem kurzen Moment, in dem die Männer sich in den Armen liegen, geht dem Schwarzhaarigen vieles durch den Kopf. Es waren
gute Tage bei ihm. Er merkt, dass er deutlich ruhiger ist. Er möchte seinem Freund von Herzen danken - dass er ein Teil seines Lebens ist, dass er jederzeit ankommen kann und dass er sich niemals Vorwürfe anhören muss - auch wenn er sich oft daneben benimmt. Aber er weiß nicht, wie er es formulieren kann. Fieberhaft durchforstet sein Geist den Wortschatz, aber alles klingt peinlich kitschig. Schließlich klopft er ihm einige Male mit der Hand auf den Rücken, löst die Umarmung und nickt ihm zu. Jake kennt ihn. Er weiß, was Logan damit meint.



Ohne sich länger aufzuhalten, verlässt er das Haus und geht zur Straße herunter, wo sein Wagen parkt.

(in Zusammenarbeit mit @Spatz )

Logan - nächster Post
>>> Anna-Maria und Paul gehen nach >>> Newcrest Nr. 13 - Waisenhaus Heimathafen


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17.07.2023 19:42 (zuletzt bearbeitet: 11.02.2024 16:15)
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Schicksalslenker

Nicole - letzter Post

Charaktere: Nicole, Jake
Geschichtsstrang: Die Gedanken sind frei

Der Winter hinterlässt seine Spuren und in Jakes Küche zeigt das Thermometer 19 Grad an. "Ich zieh mir gleich eine Jacke drüber. Stell bitte die Heizung höher.", fordert Nicole ihren Bruder quengelnd auf, der sogleich am Heizkörper die Temperatur aufdreht. "Du konntest schon immer gut vom Thema ablenken." Ein ertapptes Grinsen breitet sich auf dem Gesicht des jungen Mannes aus, der sogleich den Wasserkocher auffüllt, um Teewasser bereit zu stellen.



Nicole seufzt. "Du weißt, dass ich nicht nach Hause möchte. Aber Mutter hier haben? Nein, das will ich auch nicht." Bedrückt schaut sie in eine Ecke der Küche. Eine kleine Spinne mit langen Beinen hat dort ihr Netz gewebt und es scheint, als würde sie der Blondine direkt in die Augen schauen. Gefahr!
"Also werden wir unseren Plan umsetzen. Wir fahren am 24. hin und am 26. wieder zurück nach Hause.", erklärt Jake, der nun neben dem Wasserkocher steht und darauf wartet, das kochende Wasser in die beiden bereitgestellten Tassen mit Pfefferminztee einzugießen. "Ja.. Wie wars denn mit Logan?" Neugierig fragt die Schwester nach dem letzten Treffen. Jake hat es wirklich genossen seinen Freund wieder zu sehen, auch wenn er sich mittlerweile Sorgen macht. "Gut. Ich bin froh, dass er hier war und wir werden uns künftig regelmäßiger treffen." An diesem Punkt waren die beiden Männer in ihrer Freundschaft schon einmal.


"Ich will zu Jake."
Heike Bresk stand in der Haustür und war wenig begeistert darüber, dass der ungehobelte Freund ihres Sohnes unangemeldet zu Besuch kam.
Wie konnte es überhaupt sein, dass er hier auftauchte? Er lebte schließlich in England. Vor mehr als zwei Jahren hatte sie den Kontakt zur Verwandtschaft ihres Mannes abgebrochen. Seit Michael verstorben war, wollte oder konnte sie nicht dorthin zurück. Damit hatte sie auch der ungeliebten Freundschaft der beiden Jungen ein Todesurteil gesetzt. Warum also war dieser furchtbare Bengel hier?

"Er ist nicht da", antwortete sie mit schnippischem Ton und überheblichem Blick. Er wirkte verändert. In seinem Gesicht zeichneten sich kräftige, tiefe Narben ab, die noch nicht sehr alt zu sein schienen. Aber das war nicht alles. Heike hatte den Jungen als aggressiven, missratenen Unruhestifter kennen gelernt. Wo immer er auftauchte, hab es Verletzte, Gedemütigte oder vor Wut rasende Gemüter. Ihr war nie begreiflich gewesen, wie ihr Mann den Kontakt zu diesem Balg nicht nur dulden, sondern sogar befürworten konnte.
Nun stand dieser Junge vor ihr, der jünger wirkte, als er sein musste. Und das lag nicht daran, dass er in den letzten zwei Jahren kaum gewachsen war. Dünn und zierlich war er schon damals gewesen, doch diese Gestalt war körperlich und geistig geschwächt. Er sprach leise und demütig. Er wirkte fast ... Ja, wenn sie genau darüber nachdachte, wirkte er gebrochen.
Ein schadenfrohes Schmunzeln legte sich über ihre Mimik. Hatte der alte Miller es also tatsächlich geschafft, den Bengel klein zu kriegen ...
"Verschwinde jetzt. Ich sagte dir, Jake ist nicht da. Und wenn er es wäre, würde ich dich nicht zu ihm lassen." Sie trat einen Schritt zurück und schloss die Tür.

Der Teenager raffte seine Jacke zusammen und drehte sich herum. Es war recht Kalt an diesem Winteranfang. Er musste sich irgendwo unterstellen, wo er das Haus im Auge behalten konnte. Er hatte eine gute Stunde im Regen an einem Baumstamm gekauert, als schließlich Jake des Weges kam. Mit Sporttasche bepackt ging er die Straße entlang und hielt geradewegs auf den Hauseingang zu.

"Jake.", rief ihn eine leise Stimme aus dem Hintergrund und brachte ihn zum Stehen. Verwundert blickte dieser sich um. Die Stimme war ihm bekannt und als er seinen Freund entdeckte, kam ein Lächeln über seine Lippen. Vorsichtig sah er sich um und ging in dessen Richtung. "Was machst du denn hier?"
Jona wollte antworten, dass er hergereist war, weil er ihn sehen wollte. Er wusste nicht, wohin er sollte. Er war am Ende und brauchte jemanden, der ihm Ruhe geben konnte. Jemanden, der ihn sein ließ, wie er war. Er brauchte einen Freund.
Doch er sagte nichts von alldem. Stattdessen senkte sich sein Blick zum Boden. Die kalte Luft schmerzte an den Wunden, die noch immer nicht völlig verheilt waren. Er war erschöpft, müde und ausgehungert. Er fühlte sich schmutzig und erbärmlich. Aber auch das konnte er Jake nicht sagen. Also schwieg er.

Jake betrachtete seinen Freund genauer. Etwas stimmte nicht. "Was ist passiert?" - "Is' echt kalt, man." Der Besucher sprach leise und ohne den Kopf zu heben. "Deine Alte wollte mich nich' rein lassen. Können wir nich' irgenwo hin geh'n?" - "Klar, klar.", sagte Jake verwundert. Er hatte das Gefühl, dass sein Freund ihm etwas erzählen wollte.
Lange hörten die Beiden nichts voneinander. In England war Jake auch schon seit dem Tod des Vaters nicht mehr. Vorsichtig schaute er sich erneut um, doch bislang schien ihn niemand gesehen zu haben. "Komm mit." Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, gingen die Jungen in die Stadt in ein kleines Jugendcafé.

Als sie eintraten, zog Jona seine Kapuze tief ins Gesicht. Er schämte sich für sein Aussehen. Aber er war froh, endlich ins Warme zu kommen. Er setzte sich auf einen Platz nah der Heizung und rieb sich die Hände. Nachdem sie Getränke bestellten und diese zum Tisch gebracht wurden, schaute Jake seinen Freund an. "Jona?"
Nervös fummelte der Schwarzhaarige am Saum seiner Ärmel herum. Er schaffte es nicht, den Blick zu heben. Für einen Moment herrschte Schweigen. Jake wollte seinen Freund nicht bedrängen, dennoch sah er eindeutig, dass etwas schlimmes passiert war.

"Kann ich bei dir pennen?", fragte Jona. "Deine Mom muss ja nix wissen." Der Gefragte nickte. Er würde seinen Freund schon unterbringen, so wie damals in England. Erst jetzt hob der Besucher den Blick. Seine frischen Narben blitzten unter der Kapuze auf. "Ich will nich' zurück geh'n." Die Ernsthaftigkeit in Jonas Blick konnte Jake nicht übersehen. "Das musst du auch nicht. Wir kriegen das hin." Der Schwarzhaarige nahm die heiße Tasse in beide Hände, um sich weiter daran aufzuwärmen. Er sog den Duft des Capuccinos tief in sich auf und nahm einen vorsichtigen Schluck.



Aus dem Fenster schaute Jake und dachte nach. Damals in England war Jona für ihn da gewesen und das wollte er auch, egal wie viel Zeit sein Freund brauchte. Er machte sich ein paar Ideen, wie er ihn unbemerkt in seinem Zimmer unterbringen würde.

Eine Weile saßen die Freunde zusammen, doch es wurde nicht viel gesprochen. Das war auch gar nicht nötig. Jona schöpfte Kraft allein aus Jakes Anwesenheit. Dennoch fürchtete er sich vor den Fragen, die sein Gegenüber ihm irgendwann stellen könnte. Die vergangenen Wochen steckten ihm noch tief in den Knochen und es fühlte sich nicht so an, als würde es irgendwann besser werden. Im Gegenteil - mehr und mehr hatte er den Eindruck, den Verstand zu verlieren. Seit er in diesem Krankenhaus gelandet war, stimmte irgendetwas ganz und gar nicht mit ihm. Doch er konnte seinem Freund nicht davon erzählen. Es war einfach zu verrückt. Also schwieg er und versuchte, die Gestalt hinter Jake nicht zu beachten.

Erst als sie wieder die Straße entlang liefen, war es Jona, der das Schweigen brach: "Ich wohn' jetzt bei Verwandten. In Deutschland." Es klang für ihn selbst noch immer befremdlich. Er hatte bis vor wenigen Wochen nicht einmal gewusst, dass er eine Tante hatte. "Dann sehen wir uns jetzt öfter?", fragte Jake vorsichtig. Jona zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung.", schüttelte er traurig den Kopf.

Einige Schritte später setzte er an, etwas zu sagen, doch als sich sein Blick hob, streifte er etwas, das scheinbar hinter Jake seine Aufmerksamkeit erregte. Er schloss den Mund und schaute wieder auf seine Füße, die mit schweren Schritten den Weg zum Haus gingen.
Auch Jake wusste nichts zu sagen. Er kannte Jona. Gesprächig war er nicht, wenn er bereit war, sich zu öffnen, würde er dies tun. "Seit Papa weg ist, ist es Zuhause sehr anstrengend geworden. Ständig gibt mir Mama die Schuld für seinen Tod. Ich mache mir selbst genug Vorwürfe, da braucht sie nicht noch nach zu treten."

Für einen kurzen Moment blitzte Wut in Jonas dunklen Augen auf. "Diese miese Bitch.", fluchte er. "Warum sind Mütter so scheiße?" Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da wich die Wut einer tiefen Bestürzung. "Das haste nich' verdient, man."
Sie waren inzwischen am Haus angekommen und zum Hintereingang der Garage gegangen. "Lass uns zusammen abhau'n. Wir geh'n irgendwohin, wo uns keiner sucht."

Der Freund konnte nicht leugnen, solch eine Idee niemals gehabt zu haben. Doch wie hätte er seine Geschwister allein zurück lassen können mit ihrer Mutter? "Ich weiß nicht.", sagte er bestürzt. Der Schwarzhaarige verstand. Traurig nickte er, machte dem Blonden aber keinen Vorwurf. Wie auch? Nicht einmal er selbst hatte es geschafft, seiner Hölle den Rücken zu kehren. Wortlos gingen sie hinein und schlichen die Treppe herauf. In Jakes Zimmer angekommen, ließ der Zierliche sich vor dem Bett auf den Boden sinken. Neugierig, aber auch müde und hungrig, sah er sich im Zimmer um. Es war merkwürdig, hier zu sein und zu sehen, wie sein langjähriger Freund lebte.

Nach einer Weile stand Jake auf. "Ich geh mal nach unten, komme gleich wieder." Er verließ das Zimmer. Als er zurück kam, war Jona fest eingeschlafen. Jake wollte seinen Freund nicht wecken, also ließ er das Essen für ihn stehen und legte sich ebenfalls zu Bett.

Einige Stunden später schreckte der heimliche Gast hoch. Um ihn herum war es dunkel und er brauchte einen Moment, um zu erkennen, wo er war. Mit unscharfen Konturen erkannte er seinen Freund. Doch hinter ihm lag ein Schatten an der Wand, der dort fehlplatziert wirkte.

"Was willst du von mir?", flüsterte Jona verärgert. "Lass mich endlich in Ruhe!" Durch das Sprechen des Freundes erwachte Jake. Er beobachtete den Freund. "Das is' totaler Irrsinn!", schimpfte dieser weiter ohne zu bemerken, dass er Jake geweckt hatte. "Ich hab' schon genug Scheiße im Schädel. Das brauch' ich nich' auch noch. Also hau ab!" - "Jona!", rief nun Jake deutlich für seinen Freund zu hören, aber so, dass er niemand andern wecken würde. "Jona."
Der Schwarzhaarige zuckte zusammen und starrte den Blonden an. Dort wo seine Augen sein sollten, erkannte er nur schwarze Schatten. Er blinzelte einige Male, bis das Bild einen Sinn ergab und ihm klar wurde, was gerade passiert war. Hektisch sah er sich um und stellte fest, dass auch der Schatten fort war. Beschämt sank er zu Boden. "Schlaf weiter.", riet ihm Jake und legte sich selbst wieder hin. "Kann nich'.", murmelte Jona und atmete tief, bevor er zögerlich fortfuhr: "Wenn ich die Augen schließ', seh' ich sie vor mir."

Jake richtete sich wieder auf. "Wen?" Jona legte die Hände an die Stirn. Er wirkte verzweifelt. Einige Male schluckte er schwer, doch schließlich murmelte er: "Monica. Sie is' tot. Der Bastard hat ..." Logans glasiger Blick hob sich und schaute Jake mit einer tiefen Leere an. "Er hat sie erschlagen. Dieses Sackgesicht hat meine Mutter tot geprügelt." Die Augen des Freundes wurden groß, er wusste nichts darauf zu sagen. Damit hatte er nicht gerechnet. Jona Gesicht wirkte blass, als es sich wieder nach vorn drehte. "Wollte ihr helfen. Aber er hat mich weggepustet wie'n scheiß Insekt." Seine Worte hingen schwer im Raum.
Fassungslos sah Jake zu Jona und beobachtete ihn, während er sprach. "Bin in die Vitrine geflogen.", fuhr der Gast kraftlos fort. "Und dann konnte ich mich nich' mehr bewegen. Ich dachte wirklich, das wars. Und dann bin ich im Krankenhaus aufgewacht. Zwei Tage war ich ausgeknockt." Es schmerzte Jake seinen Freund so leiden zu sehen. "Du bleibst erstmal hier."



"Jake?", fragt Nicole ihren Bruder. "Wo warst du gerade? Oder.. hattest du einen Anfall?" Der abwesende Blick von Jake beunruhigt die Schwester, doch dieser winkt schnell ab. "Entschuldige, ich war gerade in Gedanken bei Logan. Es ist viel passiert, so wie bei Dir und mir. " Da hat der Blonde recht. Nicole hat sich noch nicht getraut, ihrem Bruder von Remy zu erzählen. Soll sie oder soll sie nicht? "Was geht in dir vor?", fragt Jake. Zu gut kennt er seine Schwester, insbesondere wenn sie etwas auf dem Herzen hat.

Die junge Frau fasst sich ein Herz und erzählt, dass es bald einen neuen Mitbewohner geben wird, der ein Vampir ist. Daraufhin erwidert Jake nichts. "Er.. ich..", stammelnd spielt sie mit dem Teebeutel herum und wendet ihren Blick ab. "Ich habe ihn Blut von mir trinken lassen.. Es tat gar nicht weh!" Überrascht schaut Jake sie an. "Ich wollte es. Wirklich.", versucht sie sich zu erklären.



"Pass einfach auf Dich auf. Du musst selbst über dein Leben entscheiden und auch die Konsequenzen dafür tragen - ob Positive oder Negative." Den Teebeutel legt Jake sorgfältig auf einen kleinen Teller und pustet an der Oberfläche des Getränks, bevor er einen Schluck nimmt. "Danke Bruderherz." Mit einem Lächeln schaut sie ihrem Bruder in die Augen. Er urteilt nicht oder macht ihr Vorwürfe, wie es in der Vergangenheit oft ihre Mutter tat. Nein. Er gibt ihr Rat und respektiert ihre Entscheidungen. Warum hat sie sich nur Sorgen gemacht?

(In Zusammenarbeit mit @RivaBabylon.)

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19.02.2024 13:45 (zuletzt bearbeitet: 04.03.2024 21:03)
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Schicksalslenker

<<< Alma und Logan kommen von Evergreen Harbor Nr. 15 - WG Tom, Jim, Valentin, Logan (5) <<<
<<< Jake kommt von Tartosa <<<

Charaktere: Logan, Alma, Jake
Geschichtsstrang: Nur weg von hier IV


Während der Fahrt unterhalten sie sich nicht viel, doch in Logans Kopf stehen die Gedanken nicht still. Er wird nicht schlau aus Alma und kann es doch nicht lassen, über sie und die gemeinsamen Erlebnisse nachzudenken. Der Widerspruch in ihrem Verhalten lässt ihm keine Ruhe. Dunkel erinnert er sich, dass sie in Gegenwart von Nael auch schon so beschämt war, wie bei Valentin. Das passt einfach nicht zu ihrem Auftreten, wie er es ansonsten wahrgenommen hat.

"Ich würd dich gern was fragen. Du musst nich' antworten, aber vielleicht hilfste mir ja, dich zu verstehen." Den Blinker setzend, schaut er an ihr vorbei und registriert ihren nervösen Blick. "Warum isses dir so peinlich, vor anderen über Sex zu reden? Ich kapier das nich'. Weil, beim Ficken biste echt nich' schüchtern. Wie passt das zusammen?"

Ohne einen Blick auf Logan zu richten, gibt Alma knapp und bestimmt Antwort. "Das ist privat." Sie versucht sich zu erinnern, wann solche Erlebnisse in seinem Beisein stattgefunden haben. Ah! "Falls du das mit Nael meinst.. Der sollte erstmal ein Sexleben führen und ... über meinen Onkel will ich gar nicht erst sprechen. Hauptsache ich kriege meinen Stoff." Ihr Blick schweift zu ihrer Handtasche im Fußraum, aus der sie ihr Handy hervorholt und prüfend betrachtet. Keine Nachricht. "Jetzt habt ihr, was ihr wolltet."

Ihre Worte klingen gleichzeitig abwehrend und resigniert. In ihrer Stimme schwingt eine Mischung aus Trotz und Hilflosigkeit mit. Alma versucht eine Fassade aufrechtzuerhalten, während Verwirrung und Unsicherheit in ihrem Inneren brodeln. Sie vermeidet jeglichen Blickkontakt zu Logan, um ihre Emotionen zu schützen.

Okay, sie will nicht drüber reden. Oder über irgendetwas anderes. Logan schweigt, dreht die Musik ein wenig lauter und belässt es beim Fahren. Hin und wieder singt er leise mit, ohne es selbst zu merken.



Die Kilometer ziehen an ihnen vorbei. Als er sich eine Zigarette anstecken will, verharrt er in der Bewegung. Mit Kippe zwischen den Lippen und Feuerzeug in der Hand schaut er zu seiner Beifahrerin. "Du bist nich' schwanger. Oder?"

Ein Hauch von Verärgerung spiegelt sich auf Almas Gesicht, als sie Logans Frage hört. Sie antwortet mit einer Mischung aus Empörung und Sarkasmus: "Natürlich bin ich schwanger. Das wäre ja die Krönung meines Lebens." Ihre Worte klingen bitter. "Falls Du's genau wissen willst, ich habe meinen Job gekündigt und bin ausgezogen. Ich will mit meiner Familie nichts mehr zu tun haben!" - "Calm down, girl. Ich frag wegen der Kippe." Augenscheinlich lässig steckt er sich den Glimmstängel an, doch innerlich fällt ihm ein Zentner Last vom Herzen. Er öffnet das Fenster einen Spalt, um den Rauch abziehen zu lassen.

Was sagte sie? Job gekündigt, Familie ist scheiße. Darum macht sie so ein Theater? Irritiert ruft er sich ins Gedächtnis, dass Sims unterschiedlich sind und dass auch Probleme für jeden anders gelagert sind. Ihre Beschreibung klingt in seinen Ohren beinahe nach paradiesischen Zuständen. Aber er führt eben nicht Almas Leben. Er kann und will sich nicht anmaßen, über ihre Sorgen zu urteilen.

Nach einiger Zeit kommen Logan und Alma an einem grünen Haus an. Neugierig sieht sich Alma mit großen Augen um. Sie entdeckt ein dunkelrotes Auto vor einem mit Natursteinen gepfasterten Eingang. Doch sie entdeckt einen weiteren Eingang. "Wo sind wir?", fragt sie ihren Fahrer. "Beim großartigsten Sim, der diesen Gottverfluchten Planeten jemals betreten hat.", antwortet Logan ernst. "Ich kenn' ihn schon mein ganzes beschissenes Leben." Er wendet sich Alma zu, noch immer mit einer Ernsthaftigkeit, die klar macht, dass er nicht scherzt. "Es gibt keinen besseren. Behandel ihn gut." Einige Sekunden vergehen, bevor er den Blick von ihr nimmt und aussteigt.

Vor der linken Tür bleibt er stehen, wartet, bis seine Begleitung ankommt und klingelt.
Die Haustür öffnet sich und ein freundlicher junger Mann tritt ins Licht. Sein Lächeln strahlt Wärme und Herzlichkeit aus, als er Alma und Logan begrüßt. "Ich heiße Jake."



Seine Augen funkeln freundlich, während er die Tür öffnet und seinen Gästen einladend entgegentritt. Sein Gesicht ist von einem angenehmen, freundlichen Ausdruck geprägt und die Falten um seine Augen verraten, dass dieses Lächeln ehrlich und authentisch ist.
"Alma.", stellt sie sich vor und schüttelt Jake die Hand. "Danke, dass ich hier wohnen darf.. vorübergehend." - "Gerne. Kommt rein. Möchtet ihr was trinken?" - "Hey, Pal." Logan legt Jake beim Eintreten dankbar eine Hand auf die Schulter. "Wasser reicht."

In der Wohnküche setzen sie sich an den Tisch. "Wie geht's dir?", fragt er seinen Freund interessiert. Obwohl es hierbei um Alma gehen soll, will er sich unbedingt die Zeit für Jake nehmen.
Jake lächelt, während er Gläser auf den Tisch stellt und eine Glasche Mineralwasser. "Mir gehts gut. Gestern habe ich Nicole getroffen. Viele Grüße soll ich Dir bestellen." Der Gastgeber setzt sich. "Und wie siehts bei dir aus?" Bevor er anfängt weitere Fragen seinem neuen Hausgast zu stellen, möchte er das Gespräch ungezwungen halten.

Alma beobachtet die beiden Freunde aufmerksam und versucht aus ihren Gesichtsausdrücken und der Dynamik des Gesprächs mehr zu erfahren.

"Du kennst mich. Immer ne Menge Scheiße am Schuh. Workin' on it." Logan greift nach dem Wasser und füllt sich und den anderen ein. "Lil' Nick war bei der Bonzenparty an Silvester. Hatse davon erzählt?"
Amüsiert sieht Jake seinen Freund an. "Ja, das hat sie. Vorallem von ihrem neuen Liebhaber." Der Bruder wurde von seiner Schwester ebenfalls zu der Feier eingeladen, doch durch seine Epilepsieerkrankung wollte er seinen Schlafrhythmus nicht durcheinander bringen. "Warst du auch dort?", fragt er nun Alma. Diese verneint. Dass sie an Silvester voll auf Droge war und allein in ihrem Zimmer getanzt hat, verschweigt sie.



"Hab ich das doch richtig gesehen.", murmelt Logan vor sich her. "Dann weißte vielleicht auch, dass Billie ihr Kind bekommen hat. Er heißt Julian." Pausierend schwenkt er das Glas und beobachtet, wie die Flüssigkeit träge darin herumwirbelt. "Das Kind is' von mir.", presst er heraus und trinkt einige Schluck. "Aber kommen wir zu Alma." Eine Geste in ihre Richtung deutet ihr, dass sie nun an der Reihe ist.
Für Jake ist diese Information keine Überraschung. Das erklärt auch Logans Verhalten und das Treffen an der Küste von Tartosa.

Für ihn war von Anfang an klar, dass Logan der Vater von Billies Kind ist. Doch Alma ist mehr als überrascht. "Bitte was?!", erwidert sie fassungslos und schaut Logan mit großen Augen an. Als er ihr vor längerer Zeit von der Schwangerschaft erzählte, wusste sie, dass er irgendwann keine Zeit mehr für sie haben würde. Deshalb hat er sich nicht gemeldet. Von wegen.. Seine Worte von gestern scheinen nichtig. Bald werde ich nichts mehr von ihm hören. Ihr schwirren die unterschiedlichsten Gedanken im Kopf herum. Darum hat er mich bei seinem Freund untergebracht. Ein Problem weniger. Ihre Verlustangst kommt deutlich zum Vorschein.

Eine in die Stirn gezogene Augenbraue trifft Alma. Wieso ist sie so aufgebracht? Sie hat nicht das Geringste mit dieser Sache zu tun.
"Darüber reden wir ein anderes Mal. Wenns dir so wichtig is'." Ein Kopfnicken in Jakes Richtung fordert sie erneut auf.
Alma sieht erzürnt aus und fühlt sich ungerecht behandelt. "Wenn ich jetzt von mir erzählen soll, kann ich nur sagen, dass mein Bruder ein Verräter ist, meine Eltern meine Entscheidungen nicht respektieren und deine Worte Logan, scheinbar voller Unsinn sind. Verarschen kann ich mich echt alleine." Sie verschränkt die Arme wie ein bockiges Kind.



Jake bemerkt die Anspannung und fragt: "Möchtest du erstmal in dein Zimmer und dich frisch machen?" Während sie weiterhin auf den Boden sieht, nickt sie.

Logan schaut Jake und Alma verwundert hinterher. Während er darüber nachdenkt, wie er mit ihr ein halbwegs normales Gespräch führen könnte, wird ihm klar, dass das gegenseitige Verständnis bisher ausschließlich auf körperlicher Ebene stattfand. Er kann sich nicht erinnern, auch nur einen zielführenden Dialog mit ihr geführt zu haben.

"Du bist so viel klüger als ich.", sagt er zum Hausherren, als dieser allein zurück kehrt.
Jake setzt sich wieder hin. "Ich habe ihr angeboten, wenn sie reden möchte, wäre ich da. Und wenn nicht, ist es auch in Ordnung." Er trinkt einen Schluck. "Alles kann. Nichts muss. Aber mir scheint, als müsstet ihr mal ein vernünftige Gespräch führen und klären, was das zwischen Euch ist." - "Yeah, nich' möglich. Habs versucht. Reden is' wohl nich' unser Ding."

Der Blonde blickt auf Logan, während dieser die Worte von sich gibt. In seinem Inneren überlegt er, wie unterschiedlich Sims sind und wie individuell ihre Art ist, um mit Problemen umzugehen. Sein Vertrauen in Logan ist groß, doch er erkennt auch, dass der Freund seine Emotionen oft hinter einer Fassade verbirgt.



Die Dynamik zwischen Logan und Alma ist komplex und Jake ahnt, dass es Zeit und Geduld erfordern wird, um die Situation zu klären. Ein Hauch von Sorge liegt in Jakes Blick, aber gleichzeitig spiegelt sich auch der Wunsch nach Verständnis und Respekt für die Entscheidungen der anderen wider.

(In Zusammenarbeit mit @RivaBabylon.)

>>> Logan geht nach Evergreen Harbor Nr. 15 - WG Tom, Jim, Valentin, Logan (5) >>>


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20.02.2024 11:15 (zuletzt bearbeitet: 20.02.2024 13:28)
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#7
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Schicksalslenker

Charaktere: Alma
Geschichtsstrang: Wie soll es weitergehen?

Alma liegt auf der bequemen Couch in Jakes Gästezimmer und starrt an die Decke. Seit sie ihr Elternhaus verlassen hat und ihren Job verloren, fühlt sie sich lost und unsicher über ihre Zukunft. Wie soll es weitergehen? Ihre Eltern würden ihr sicher kein weiteres Geld überweisen und ihr Vorrat an Stoff neigt sich auch dem Ende zu. Ob ich Logan schreiben soll?

Jake wird sicherlich keine Hilfe sein in der Beziehung. Er ist so anders als Logan, vernünftig, ruhig. Viel zu langweilig für die temperamentvolle Halbspanierin. Die Unterschiede zwischen den Beiden sind nicht zu übersehen. Im Gegensatz zu Jake ist Logan impulsiv, abenteuerlustig und hat einen Platz in Almas Herzen. Doch so kann das zwischen ihm und ihr nicht weitergehen.

Am gestrigen Abend hat Jake ihr von seiner Krankheit erzählt, von den Anfällen, die ihn manchmal heimsuchen. Er beschrieb ihr, wie solch ein Abfall abläuft und was sie in so einer Situation machen soll. Ob Logan sie deshalb her brachte? Damit sie auf seinen besten Freund achtgibt? Ich bin keine Krankenschwester!



Plötzlich fällt ihr Blick auf ihren Terminkalender im Handy. 'Jarred Kampf' steht als nächster Termin an. Ursprünglich wollte er sie in Brindleton Bay abholen, doch jetzt befindet sie sich in Henford. Schnell tippt sie eine Nachricht ein und kurze Zeit später bestätigt Jarred den neuen Abholort.

Alma seufzt erleichtert. Doch es breitet sich Unbehagen aus. Was soll sie Jarred sagen, wenn er fragt, weshalb sie nun hier in Henford lebt und nicht mehr zuhause? Es ist nur wenige Tage her seit dem gemeinsamen Essen mit ihren Eltern. Aus Angst möchte sie ihm nicht die Wahrheit sagen, so könnte er sie in einem anderen Licht sehen und den Kontakt abbrechen.

Ihre Angst erneut abgelehnt und allein dar zustehen hat sie fest im Griff. Vielleicht könnte sie einfach vage bleiben und ablenken, wenn er nachfragt. Oder sie könnte ihm erzählen, dass sie eine Auszeit nimmt, um sich neu zu orientieren. Ja, das könnte funktionieren.

Mit einem Plan im Kopf bereitet sich Alma auf das Treffen mit Jarred vor.

>>> Alma geht nach Henford-on-Bagley (2) >>>


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