Brindleton Bay - Seegrasinsel

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11.04.2023 23:02 (zuletzt bearbeitet: 17.02.2024 18:23)
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Hausmeister





















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11.04.2023 23:04 (zuletzt bearbeitet: 20.04.2023 14:35)
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Hausmeister

Pippilotta Viktualia Rullgardina Krusmynta Efraimsdotter Långstrump und Tochter Takatuka brauchen einfach mal wieder das Gefühl von etwas Strandsand zwischen den Zehen. Die Docks beim Haus sind nur zum Angeln gut, ansonsten, bleibt der Fuß auf den geteerten Straßen einer Großstadt die meiste Zeit eingesperrt. Beim Bibliothekar im Archiv von Willow Creek hatte Pippilotta nicht nur Takatuka auf dem Globus erspäht. Nein, er hatte ihr auch noch von einem kleinen Wind umtosten verlassenen Eiland nicht gar zu weit weg und mit schönen Stränden erzählt. Man müsse nur mit dem Kutter von Brindleton, einer nächst gelegener Stadt, auf die Insel übersetzen.

Nachdem die Wrackbergung im Hafenbecken von San Myshuno als Verzweiflungstat beiseitegelegt werden musste, interessieren Pippilotta neben den Inselstränden von Brindleton Bay auch irgendwie … die Kutter und Segler, die es in Brindleton zuhauf gäbe. Gesagt getan, Pippilotta hat sich ein günstiges Zelt und eine alte Klampfe erstanden und schaffte mit noch ein paar kleineren Engagements als Stuntfrau ein paar Kröten für Busfahrt und Bootsübersetzung zusammen zu raffen. Nach tagelangem Hacken mit stumpfen Theater-Säbeln auf Sandsäcken – gähn – hat sie sich auch eine kleine Auszeit verdient. Zwei Tage Campen am Strand von Brindleton Bay kostet sonst nichts. Feuerstelle kann sie sich am Strand zusammenbauen und Fisch gibt’s im Überfluss. Hatte sie ja schon lange nicht mehr auf dem Tisch – gähn.

Nach der Übersetzung mit dem Kutter fragt sich Pippilotta, warum sie überhaupt ein Wrack bergen wollte, also ein halbes Schiff, wenn doch hier so einfach …vielleicht ein ganzes zu haben wäre. Wenn sie sich doch bloß auch mit Motorbooten anstatt nur mit Seglern auskennen würde … Sie hätte in Nullkommanichts den Kahn hier … ‚übernommen‘, harr, harr.


Nun denn, wohin geht’s zum einsamen Strand?


„Ahhhhhhhh …!“ *tief Luft hol* Auf der anderen Seite der Insel, gleich unterhalb des Leuchtturms, liegt ein lauschiges Plätzchen am Wellen umspülten Strand. Grünblau glitzerndes Meer, soweit das Auge reicht …


„Ja, Takatuka, mein Schatz, Abendbrot ist bald soweit. Möchtest du einen ganzen Fisch?“


Nach einem wunderschönen Tag am Strand mit Gitarre am Lagerfeuer, Sand buddeln und angeln geht es ab in die Koje. Hoffentlich spielt das Wetter auch Morgen wieder mit.


„Böser Wolf, wache gut über unserem Schlaf!“


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11.04.2023 23:06 (zuletzt bearbeitet: 13.07.2023 20:37)
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Hausmeister

Maryama kommt von Brindleton Bay Nr. 7 - Maryamas Haus

„Ich kann das Meer schon riechen...“. Tief sog sie die salzige, frische Brise, die vom Wasser her wehte, in ihre Lungen. Maryams Blick schweifte zum Leuchtturm. Er war ihr liebster Rückzugsort gewesen in der Jugend.
Dort oben atmete sie, mit Blick in die Ferne, auch ein wenig Freiheit. Doch heute ließ sie ihn links liegen. Heute war es Zeit die Zehen in den Sand zu bohren und ein wenig auf ihrer Klampfe zu zupfen.
Just als sie die ersten Strandausläufer erreichte blieb sie abrupt stehen.
Ein paar Schritte entfernt stand ein wunderschöner … Hund? … Wolf? Und blickte aufmerksam zu ihr herüber.
Maryama ging das Herz auf. Was für ein edles Tier.


„Hey, mein Schöner … wer bist denn du? und vor allem, was machst du hier so alleine?“
Der Wolfshund wedelte leicht mit dem Schweif und legte den Kopf schief.
„Na, möchtest du mir Hallo sagen?“ Sie ging in die Hocke und streckte dem Tier ihre Hand entgegen. Langsam kam er zu ihr hergetrottet und beschnüffelte neugierig ihre Hand.
Vorsichtig streichelte sie über seinen Kopf, was er wieder mit einer leichten Hin und Herbewegung seines Schweifes beantwortete. Durch seine freundliche Reaktion ermutigt, setzte sie gerade dazu an seinen Hals zu kraulen, als hinter ihr eine helle Stimme krähte: „Bösa … Bösa …!“

Überrascht bemerkte sie ein kleines Mädchen, das auf krummen Beinchen auf sie zu rannte.
„Was ist das denn heute? Erst der Wolf, jetzt die Kleine und weit und breit niemand sonst zu sehen. Ist sie vom Strand hergelaufen?“
„Hallo du kleine Rennmaus, wo willst du denn so schnell hin? Wie heißt du denn?“
„Takatuka, Takatuka“ antwortete das Mädchen.
„Tacka … Tucker? Was soll das den bedeuten?“ Maryama versuchte eine möglichst sinnvolle Deutung dieser Laute zu finden. Vielleicht meinte sie Bootfahren … Eines das tuckert … aber Tacka?“


Während sie noch grübelte, umarmte die Kleine den Wolf und schmiegte ihre Wange an seinen Hals. Er ließ es sich geduldig gefallen und leckte zum Dank ihr Gesicht.
Das Mädchen prustete und gluckste vergnügt, schnappte sich dann flugs Maryamas Hand und zog sie Richtung Strand.
„Komm … komm mit zu Pippi … Mama.“ Maryama zieht verwundert beide Augenbrauen hoch „Sie muss Pipi? Und warum nennt sie mich Mama?“
Ein prüfender Blick auf das neben ihr her wackelnde Popöchen zeigte ihr, dass die Kleine eine Windel trug.
„Ähm … Ja klar, ich komme mit und helfe dir“, antwortete sie spontan, was das Mädel wieder zum Lachen brachte. Sie ließ ihre Hand los und stürmte, so schnell sie ihre Beinchen trugen, mit dem Wolf zusammen, Richtung Strand hinunter … und Maryama hinterher.


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11.04.2023 23:08
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#4
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Hausmeister

Pippilotta sieht ganz erstaunt Takatuka und Böser Wolf mit einer fremden Frau im Schlepptau auf ihren kleinen Campingplatz am Strand zulaufen. Wen bringen die beiden denn da mit? Wo waren die beiden überhaupt hin abgewienert?

„Böser Wolf, du solltest doch achtgeben, dass Takatuka nicht immer so weite Kreise zieht! Wo wart ihr denn?“ *seufzt* Takatuka zeigt einen ähnlichen Unabhängigkeitswillen und Unerschrockenheit wie sie selber einst als Kind. Tja, jetzt ist sie aber die Mutter und beurteilt das nun … irgendwie ein bisschen anders. Schließlich sind die Docks von San Myshuno nicht die Villa Kunterbunt ihrer Kindheit in Schweden.

Pippin beäugt die fremde Frau, die auf sie zukommt, näher. Der Tag verspricht so trocken und sonnig zu werden wie gestern, als sie ankamen. Es könnte bei dem Wetter heute belebter am Strand werden. Wahrscheinlich wollte die junge Frau mit den lebhaften meergrünen Augen auch nur einen Strandspaziergang unternehmen. Sie mustern sich wohl gerade gegenseitig. Was denkt Sie wohl … zu dem herumstromernden Kind? Dass Pippilotta eine unverantwortliche Mutter sei?

„Ach, bringen Sie mir meinen kleinen Derwisch von Tochter zurück? Vielen Dank!“ Freundlicher ‚Angriff‘ ist wohl immer noch die beste Verteidigung.


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11.04.2023 23:19
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#5
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Hausmeister

Unten am Strand steht eine junge Frau etwa in ihrem Alter neben einer Feuerstelle am Strand und blickt ihnen überrascht entgegen.

„Böser Wolf, du solltest doch achtgeben, dass Takatuka nicht immer so weite Kreise zieht! Wo wart ihr denn?"
fragt sie die Kleine , die an ihr vorbeistürmt, gefolgt von ....böser Wolf?? , der sich scheinbar auch nicht angesprochen fühlt.
Maryama ist etwas irritiert und will gerade zu einer Frage ansetzen, als die junge Frau das Wort an sie richtet.
„Ach, bringen Sie mir meinen kleinen Derwisch von Tochter zurück? Vielen Dank!“
"Derwisch?"
Maryama muss unwillkürlich lächeln, schon weil sie aus den Augenwinkeln beobachtet, wie das Mädchen , Sandwolken aufwirbelnd, mit dem Hund umhertobt.

"Ich hätte sie ja eher Sonnenschein genannt, aber wenn ich mir das so anschaue..."
sie zeigt auf den Wolf und das Mädel, die im Kreis herumrennen und dabei einen mittleren Sandsturm verursachen.
Die beiden Frauen brechen in helles Gelächter aus.
"Ich heiße Maryama." Sie reichen sich die Hände." Ich habe die beiden oben Richtung Leuchtturm getroffen. Erst den Wolf und dann...wie heißt deine Tochter eigentlich? Sie ist doch deine Tochter, oder?"
"Ja" Ihr Gegenüber nickt bestätigend. "Sie heißt Takatuka und ich Pippilotta Viktualia Rullgardina Krusmynta Efraimsdotter Långstrump ...Pippilotta reicht aber auch."
Während diese Worte sich noch in Maryamas Gehörgang stauen,geht ihr ein Licht auf.
"Die Kleine heißt Takatuka...der Wolf...Böser... und das ist die dazugehörige Mama."
Also nichts mit Töpfchen gehen, ich sollte einfach mit zu ihrer Mutter an den Strand gehen."


"Ihr campt hier ein bißchen?" wendet sie sich fragend an Pippilotta. "Es ist ein wunderbares Fleckchen hier, nicht wahr? Ich komme gerne hierher um auf das Meer zu schauen und ein wenig auf meiner Gitarre zu spielen."

Pippilotta kommt nicht zum antworten, weil Takatuka sie am Pullover zupft,gleichzeitig Maryama ihr Sandschäufelchen entgegenstreckt und auffordernd damit wedelt.
Wolf gräbt inzwischen schon mal ein Loch im Sand, das würde wohl den Burggraben geben.
Die beiden Frauen werfen sich einen Blick zu, müssen lachen und Pippilotta fragt:" Wollen wir? Takatuka ist die weltbeste Sandburgenbauerin, aber ein wenig Hilfe schadet nie, oder? "
"Klar, ich hab ihr doch versprochen mit zu kommen und zu helfen."
Pippilotta wirft ihr einen fragenden Blick zu, während sie sich zu ihrer Tochter in den Sand kniet.


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11.04.2023 23:21 (zuletzt bearbeitet: 19.04.2023 21:10)
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Hausmeister

Nio: Letzter Post

Nio brauchte frische Luft. Er ging etwas spazieren, der Vorort, in dem sie an der Küste wohnte, lud ja geradezu dazu ein. Vielleicht sah er die Streunerin von gestern wieder. Normalerweise kannte Nio alle Katzen der Umgebung, aber diese war ihm fremd gewesen. Als er an den Strand kam, sah er auf der Insel Ruch aufsteigen. Neugierig fuhr er mit der Fähre rüber und entdeckte hinterm Leuchtturm eine kleine Gruppe junger Frauen mit Zelt, Gitarren und einem kleinen Feuer. Normalerweise wäre er wieder gegangen, aber er erkannte seine neue Nachbarin Maryama und entschloss sich hinzu gehen.

„Hallo Nio!“ wurde er auch gleich begrüßt. „Hi zusammen!“ gab er zurück. „Campt ihr hier?“ Er kam näher und begrüßte das kleine Mädchen und die junge Frau. Sie stellten sich vor und Nio beäugte argwöhnisch den grauen Riesenhund. Besitzer behaupten immer, sie seien harmlos und wollten nur spielen, aber Nio war vorsichtig. Selbst wenn er harmlos wirkte, dieses Tier konnte ihn problemlos flachlegen und totsabbern, wenn es denn wollte. Pippi holte eine Gitarre hervor und fragte nach Wünschen. Obwohl er dem Stimmbruch entwachsen war, wollte er den Ozean nicht herausfordern also sang er nur gedämpft mit. „Where have all the flowers gone…?“ Sie harmonisierten ganz gut und zu Nios Beruhigung war auch kein Wal angelandet, der seinen Gesang mit dem Hilferuf eines verendenden Artgenossen verwechselte.



Takatuka sah ihn danach groß an und machte ihm und dem Universum im Allgemeinen klar, dass er grauenhaft sang. Sie hielt sich die Ohren zu und lachte. Das war ok für ihn. Er holte aus und schlug ein Rad, blieb dann mit Handstand stehen (was im Sand echt schlecht ging) und grätschte die Beine. Dann sagte er „Jetzt du!“ Da musste er jemanden aus dem Hause der Langstrumpfs nicht zweimal bitten. Die drohende Katastrophe ahnend griff Nio professionell die Beine der Kleinen und half ihr. Die beiden Frauen schauten belustigt zu.


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11.04.2023 23:25 (zuletzt bearbeitet: 19.04.2023 21:10)
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#7
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Hausmeister

Mia: Letzter Post

Mia kam gut auf der Insel an. Es war hier ruhig und schön. Niemand würde ihr hier in die Quere kommen und beim Joggen stören. Während die ein wenig etwas für ihre Figur tat, dachte sie über sich selbst nach. Sie verhielt sich doch eigentlich gar nicht so schrecklich, oder? Sie wurde nur immer so total nervös wenn ihr Lebensretter in der Nähe war. Was konnte sie den dafür? Dieser komische rothaarige Typ am Tisch hatte einfach keine Ahnung. Der hatte es schließlich gut mit seiner Freundin. Der musste nicht mehr darum kämpfen bei dem Sim den er liebt gut anzukommen. So ein gemeiner Kerl... na wenigstens muss sie sich um die Frau die er im Arm hielt dann keine Sorgen machen dass sie ihn ihr wegschnappt und Alma war ihre Freundin. Vielleicht hatte sie ja sogar etwas über ihn erfahren was sie noch nicht wusste. Mia freute sich sehr auf das Treffen mit Alma und zog ein wenig mit dem Tempo an.



Als sie den Strand erreichte blieb sie stehen. Unten schienen ein paar Leute zu Zelten. Mia konnte zwei Frauen ein Mann und ein kleines Kind ausmachen. Neben ihnen ein Feuer und ein Zelt. Und was war das? Schlich da ein Wolf um sie herum? Oder einfach ein grosser Hund? Würde er nicht so scheu los bei ihnen in der Nähe stehen, hätte Mia glatt hinunter gerufen mit: Achtung Wolf! Das erinnerte sie an die Geschichte mit dem Hirten-Jungen der immer alle zum Spaß belog und als wirklich ein Wolf kam, glaubte ihm keiner mehr... Bei dieser Geschichte musste man sich einfach schlecht fühlen. Mia fühlte sich jedenfalls schlecht. Nicht wegen der Geschichte aber das Gefühl welches dieser Rothaarige in ihr gestern zurückließ. Es war bestimmt unhöflich da einfach hinunter zu gehen und Hallo zusagen. Wenn sie schon wieder angeschriehen werden würde, dass sie gefälligst nicht so blöd gaffen sollte... das wäre zu viel für sie.


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11.04.2023 23:27 (zuletzt bearbeitet: 19.04.2023 21:11)
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#8
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Hausmeister

Pippilotta spürte sie mehr als dass sie sie sah. Eine Aura unendlicher Traurigkeit und Verletzlichkeit. Ihre feinen Nackenhaare hatten sich aufgestellt, eine Gänsehaut überzog ihren Arm und sie hatte sich unwillkürlich umdrehen müssen. Da stand sie, schaute vorsichtig zu ihnen zum Lagerfeuer hinüber, unschlüssig, ob sie sich nähern sollte, nähern dürfte. Pippilotta konnte gar nicht anders als ihr einen freundlichen Gruß zu entbieten und sie zu sich heran zu winken … an das wärmende Lagerfeuer.

„Kommen Sie, wärmen Sie sich mit uns ein bisschen am Feuer auf. Es wird langsam kühl,“ rief Pippilotta ihr zu. Der Abend war nicht mehr fern und vom Meer wehte eine auffrischende Brise herüber, die auch die schüchtern herannahende und recht luftig bekleidete junge Frau frösteln ließ. Dankbar nahm dieses das Angebot zaghaft an. Sie schien völlig überrascht über so eine winzige menschliche Geste der Freundlichkeit. Sie hatte sich kurz als Mia vorgestellt und Pippilotta freundlich auch ihren Namen genannt. Nun steht sie neben den anderen Strandbesuchern, die es heute zu dem kleinen Lagerfeuer verschlagen hatte.

Der Tag hatte fröhlich begonnen, Maryama mit ihren meergrünen lebhaften Augen den Nachmittag mit ihrem fröhlichen ansteckenden Lachen noch bereichert. Dennoch hatte Pippilotta gespürt, dass auch hier eine verletzte Seele verborgen war, die nach Neuanfang suchte. Eine Überraschung war der junge Nio, der Maryama als neu geschlossene Bekanntschaft vom Morgen am Nachmittag am Strand gleich wiedererkannte. Sie scheinen sich gut zu verstehen. Aber auch hier war tiefer Schmerz zu spüren, ein schwerer Verlust eines jungen Menschen. Mia aber scheint die Vereinigung unendlichen Leids zu sein.

Eine Woge schmerzvoller Erfahrungen und Erlebnisse überrollt Pippilotta, wie sie alle so um das Feuer herumstehen. Ihr Magen zieht sich schmerzhaft ruckend zusammen, die Luftröhre wird ihr zu eng. Sie muss sich wegdrehen, Sand im Auge vortäuschen. Wann war sie so empfänglich für Schmerz und Leid geworden? Als Tanuí ihr wild bedeutete, mit Takatuka zu fliehen? Als ihr Vater vor ihren Augen bei ihrer Rettung in den Fluten versank? Als sie, als … Pippilotta kann kaum die Bilder zulassen, die wieder vor ihr auftauchen … die Zeit ihrer Ankunft, das zerborstene Schiff, die Tochter aus einem sinkenden Wrack und sich selber ziehen zu müsse. Angst, es nicht rechtzeitig an die Wasseroberfläche zu schaffen. Takatuka hatte viel Wasser geschluckt, erbrochen, geweint.


Aber das, was dann noch folgte, übertraf bei Weitem alles Grauen, was sie bisher in ihren noch recht jungen Jahren je zu sehen bekommen hatte. Sie waren gestrandet in einer Welt voller Düsternis, Gefahren … und Mitleidslosigkeit. Hier vegetieren und sterben Menschen auf der Straße, Alte, Junge, Kinder. Wer schwach ist, wird ohne Gnade niedergetreten. Nachts auf ihren Rundgängen ist dieses Grauen besonders gut zu sehen, dass sich tagsüber in schattige Winkel zurückzieht. Einer sterbenden Alten in einer dunklen Seitengasse hatte sie gleich in der ersten Woche ihrer Ankunft mit Wasser aus der Pfütze das Leiden zu lindern gesucht, ihre trockenen aufgesprungenen Lippen immer wieder benetzt, als diese zittern darum bat … bis der letzte Atemzug aus ihr entwichen war. Passanten hatten sie gesehen, blieben aber nicht stehen, als Pippilotta sie um Hilfe anrief, eilten den Blick in andere Richtung wendenden oder mit gesenktem Kopf schnell weiter. Sie hatte nicht gewusst, was man hier mit alten sterbenden Menschen auf der Straße tat. Scheinbar … nichts! So hatte sie der Alten nur deren Mantel über den schon langsam erstarrenden Körper gelegt und war nach Haus geeilt. Takatuka schlief schon als Pippilotta sich würgend über das Waschbecken beugte, obwohl sie schon das meiste in der Straße direkt neben der toten Alten erbrochen hatte. Die Tränen liefen die ganze Nacht, bis keine Flüssigkeit mehr da war, um noch die brennenden Augen zu befeuchten. Bevor Takatuka aufwachte, hatte sie sich viele Male Wasser in das erschöpfte Gesicht gespritzt und dem Kind eine fröhliche Mutter präsentiert. Was kann ein Kind für diese Welt?


Ein Kind …! Das Neugeborene im Garten, in dem sie sich die ersten drei Tage ohne Nahrungsmittel und Frischwasser versteckten … neben dem Müllcontainer! Heute ihr Haus. Wenn sie Müll zum Container bringt, muss Pippilotta unwillkürlich jedes Mal erschaudern … Nein, nein! Heute nicht. Nicht dieses Bild! Noch nicht! Vielleicht nie. Pippilottas Magen zieht sich wieder schmerzhaft zusammen. Die anderen am Feuer, Takatuka - nie wird sie davon erzählen können. Tief, tief muss sie es vergraben und dort lassen. Die Fäuste lockern, den Körper aufrichten, den Magen entspannen, wie sie es unzählige Male in den letzten Wochen schon praktizierte, ein Lächeln auf die Lippen, atmen, noch einmal … und noch einmal tief Luft holen.

Lächelnd wendet sich Pippilotta der Gruppe am Feuer wieder zu. „Und alle ein bisschen aufgewärmt? Darf ich zu Stockfisch und -brot einladen?“ Alle nehmen dankbar an, scheinen sich in der kleinen Runde soweit wohl zu fühlen, obwohl man … sich kaum kennt. Man schwätzt über das Wetter, die frische Brise, den köstlichen Fisch, Takatukas Kapriolen und selbst Mia lächelt ein wenig zaghaft.

Pippilotta fragt nicht. Es werden keine Adressen oder Telefonnummer aus so kurzer zufälliger Bekanntschaft Schicksalsgeschlagener ausgetauscht. Aber sie lädt jeden dieser geschundenen Seelchen ein, jederzeit gerne bei ihr vorbeizuschauen, in der Villa Langstrumpf in San Myshuno an den Docks - auf einen Tee, einen Saft oder auch … ein Ohr. Aber das letzte sagt Pippilotta nicht laut. Sie muss hier nichts befürchten, in dieser Runde, wenn sie ihren Wohnort preisgibt. Wer es braucht, findet den Weg in ihr Haus.

Als alle gesättigt und versonnen ins Feuer starren, schweift Pippilotta in Gedanken wieder ab. Nael, den sie beim Angeln traf war ein Lichtblick. Er schien nicht von solchem Schmerz getragen, freundlich und verantwortlich. Die Erinnerung an Väter, die mit ihren Söhnen an den Docks angelten, lässt ein leichteres Bild in Pippilotta auftauchen. Für heute will sie an diesem friedlichen Gefühl festhalten und lächelt Takatuka, die schon schläfrig zu werden beginnt, aufmunternd zu. „Schatz, wir brechen bald auf.“ Zur Runde um das Lagerfeuer gewandt: „Wir müssen leider bald die Heimreise antreten. Takatuka braucht ihren Schlaf und wir haben noch eine kleine Fahrt vor uns. Es hat mich sehr gefreut, einen so netten Nachmittag mit euch verbracht zu haben.“ Bei Stockfisch und Brot hatte man sich auf das gegenseitige Du verständigt. „Ihr seid jederzeit herzlich in der Villa Långstrump eingeladen“, wiederholt Pippilotta ihr Angebot noch einmal und beginnt das Zelt abzubauen, während sich die Gruppe langsam auflöst. Eigentlich hat sie selber bitter Hilfe nötig, aber Pippilotta kann nicht anders als den Geschundenen und Geschlagenen dieser für sie unbegreiflichen Welt die Hand zu reichen und die Tür zu öffnen. Oh, Takatuka, du mein verschollenes Paradies. Die beiden Welten könnten nicht gegensätzlicher sein. Nachtschatten waren hier noch nicht das Schlimmste.

Langsam trotten Pippilotta, Takatuka und Böser Wolf die Düne Richtung Heimreise hinauf. Takatuka gähnt schon heftig und möchte getragen werden. Pippilotta schultert neben Zelt und Gitarre auch das müde Kind und schreitet weiter voran.

Lotta: Nächster Post


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11.04.2023 23:28 (zuletzt bearbeitet: 13.07.2023 20:38)
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Hausmeister

Maryama hatte Lotta, so durfte sie ihre neue Bekanntschaft nennen, das Mißverständnis mit Takatuka erklärt und zusammen hatten sie herzlich darüber gelacht.
Zu dritt bauten sie dann eine richtig schöne Sandburg. Mit Türmchen,einem Burggraben und einer dicken Mauer drumherum.
„Und du bist die Prinzessin, die hier wohnt,“ erklärte sie Takatuka lächelnd.
„Und Binz...?“
Maryama blinzelte kurz und spürte diesen Lauten nach. „Aha, du möchtest eine Prinzen, hm? Einen der dir Lieder singt, unten vor der Burg?“
Sie blickte Lotta auffordernd an und fragte:“Wollen wir unsere Gitarren rausholen und ein Prinzenlied für sie singen?“
Pippilotta nickte zustimmend und holte ihre Gitarre her. Gerade als sie ein Lied aussuchen wollten, entdeckte Maryama überrascht Nio auf das Lager zu kommen.
Betont lässig schlenderte er in ihre Richtung, ohne allerdings den Wolf aus den Augen zu lassen.
Sie konnte ihn gut verstehen, er war wirklich ein imposantes Tier.
„Hallo Nio,“ begrüßte sie ihn herzlich.“Schön dich so bald wiederzusehen.“ „Hi zusammen!“ gab er zurück. „Campt ihr hier?“
Pippilotta nickt . „Wir gönnen uns ein paar schöne Strandstunden“
Sie stellten sich gegenseitig vor und Maryama fragte schließlich:“Hast du Lust ein wenig mit uns zu singen?“ Nio nickte und als Lotta „Where have all the flowers gone…?“ anstimmte, fiel er , zusammen mit Maryama ,verhalten mit ein.
Anschließend machte er noch ein paar Faxen im Sand mit Takatuka und Maryama staunte über seine akrobatischen Kunsstücke, die er sogar auf diesem Untergrund perfekt ausführte.
Plötzlich hörte sie Lotta rufen:“„Kommen Sie, wärmen Sie sich mit uns ein bisschen am Feuer auf. Es wird langsam kühl!“
Maryama drehte sich um und sah eine junge, zart wirkende Frau auf ihr Grüppchen zu kommen.Sie hatte wohl oben an den Dünen gestanden und zu ihnen herunter geblickt.
Pippilotta winkte sie ans Feuer und Mia, wie sie sich vorstellte, nahm die Einladung dankend an.
Auf Maryama wirkte sie ein wenig traurig, aber als Takatuka ihr ein „Lied für den Binz“ vorsingt, zaubert sie damit ein Lächeln auf ihre Lippen.
„So etwas schaffen eben nur Kinder, in sekundenschnelle ein Herz zu heilen, wenigstens ein Stück weit.“ Maryama war sehr berührt von der Szene.
Kurzzeitig hatte sie danach das Gefühl, dass Lotta etwas traurig wurde, aber als sie dann fragte, ob denn niemand hungrig sei, es gäbe Stockfisch und Brot, spürte sie plötzlich, dass ihr Magen knurrte.
„Klar, ich habe ja bisher nur Marsmallows gegessen heute...“
Ihr lief das Wasser im Munde zusammen, bei der Aussicht auf Stockfisch und sie machten sich alle zusammen daran , ihre Happen zu grillen.
Takatuka bereicherte ihre Gespräche mit drolligen Einlagen und Maryama hatte das Gefühl, dass sich alle, so unterschiedlich sie waren, wohl miteinander fühlten.
Sie plauderten über dies und das und erzählten sich kleine Alltagsgeschichten . Die Atmosphäre war entspannt und als nach dem Essen alle ins Feuer schauten und zufrieden dem Prasseln lauschten, erklärte Pippilotta überraschend, dass sie nun bald aufbrechen müsse.
Ihre Tochter brauche den Schlaf und sie hätten noch einen längeren Weg vor sich.
„Schade,“ dachte Maryama „Ich mag diese etwas...ja...wie sollte man das formulieren...ungewöhnliche....spezielle....ach, einfach etwas andere junge Frau. Sie wirkt entschlossen und doch feinfühlig, sie hat Humor und wie sie mit ihrer Tochter umgeht, finde ich toll.“
Lotta hatte ihnen von ihrem Gartenhandel erzählt, den sie demnächst veranstalten wollte und Maryama würde wohl hingehen.
Schließlich brauchte sie noch genug Zeug für ihr Häuschen.
Mia machte auch Anstalten aufzubrechen und Maryama wandte sich an sie:“ Du, Mia ….Nio wird am Tanzwettbewerb in SanMyshuno teilnehmen , das wird sicher sehr aufregend. Hast du Lust auch vorbei zu schauen? Ein wenig mentale Unterstützung schadet nie.“
Mia betrachtete Nio und schliesslich wieder Maryama. Sie wiegte langsam nachdenklich den Kopf. "Ich weiss noch nicht. Ich liebe Tanzen aber..." sie schüttelte den Kopf. "Ich weiss noch nicht.“
Nio nickte ihr zu. „Ja, überleg's dir. Ich freu mich nicht nur über mentalen Beistand sondern auch immer über Beifall von Bewunderern.“ Er zwinkert beiden zu.
„Apropos Bewunderer...cooler Hut, Nio.“Maryama zeigt auf seine Kopfbedeckung.
„Den hab ich mal im Urlaub in London gekauft. Naja, Dad hat ihn gekauft. Kannst ihn gern mal aufsetzen! Steht dir sicher."
Maryama schnappt sich den Hut und setzt ihn auf den Kopf.

„Weißt du was, ich leih ihn mir bis zum Tanzwettbewerb und trag ihn am Abend als Glücksbringer für dich.Danach bekommst du ihn wieder....hältst du es so lange aus ohne ihn?“
„Klar, ist ja in guten Händen und Beanies gibt’s ja auch noch zur Not.“

Er unterstreicht seine Worte mit einer lässigen Handbewegung.
Maryma muss schmunzeln.
„Super, dann mach ich mich jetzt mal auf den Heimweg. "Ciao Nio und grüß bitte Nwadike ganz lieb von mir, ja?“

„Tschüß Mia, es war schön, dich kennen zu lernen. Ich würde mich freuen, wenn wir uns mal Wiedersehen. Bis hoffentlich bald!“
Mit einem kurzen Winken macht sie sich auf den Weg nach Hause.




Maryama geht nach Brindleton Bay Nr. 7 - Maryamas Haus


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11.04.2023 23:30 (zuletzt bearbeitet: 19.04.2023 21:12)
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Hausmeister

Es war sicher das erste Mal in seinem Leben, dass Nio mit vier Frauen auf begrenztem Raum zusammen war und sich nicht ausgeschlossen fühlte wie bei den Mädels seiner Schule, oder zu Tode langweilte wie beim Bridgetreffen der alten Frau Weikmann die Straße runter. Sie war der Preis des Höflich seins, denn als er Dad mal in der Klinik besucht hatte, lag sie da als Patientin und fragte ihn ob er Kartenspiel möge. Sein zögerlich genuscheltes "Schon, denke ich." Interpretierte sie als Bewerbung zum Ersatzspieler ihrer Runde, wenn mal jemand ausfiel. Es gab meist Kuchen und so aber 3 Stunden können sehr lang werden, wenn man geriatrischen Geschichten lauschen musste und allenthalben nach der Freundin, oder noch schlimmer, den Verehrerinnen des Herrn Doktor befragt wurde.

Sein eigenes Liebesleben ließ sich mit drei wohlklingenden Worten beschreiben: ‚verklemmt, indifferent und automanuell‘, dass seines Vaters war ein Grenzgebiet jugendlicher Abscheu, in das er nicht mal zu linsen wagte, geschweige denn darüber Reden wollte. Was ihn betraf, hatten Eltern keinen Sex und er war vom Storch gebracht worden! Er war sich auch nicht mal sicher, ob man mit 43 Jahren noch Lust darauf hatte…allein die Vorstellung! Süße Robbenbabys, süße Robbenbabys!!!!

Ach ja, vier, weil mittlerweile eine junge Frau dazu gestoßen war. Sie schien zu joggen und Frau Langstrumpf rief sie herbei. Mia, so hieß sie, war recht attraktiv aber irgendwie in düsterer Stimmung. Die knappe Turnhose war gerade groß genug einen Marken Aufnäher zu tragen, ohne das er überstand. Verhüllen oder wärmen sollte sie sicher nichts. Nio war das ganz recht, denn er ertappte sich dabei, mangelhafte Biologiekenntnisse außerschulisch zu korrigieren. Und obwohl er sie, die Hose, sicher minutenlang eingehend studiert hatte, fiel es ihm im Nachgang schwer, die Farbe zu exakt zu bestimmen.

Alle aßen zusammen Stockfisch und man unterhielt sich prächtig. Als Frau Langstrumpf ging, fragte Maryama, ob sie sich den Hut bis zum Wettbewerb ausleihen dürfte. Sie hatte zugesagt zu kommen und Nio sah keinen Grund, diese seine „Dad erlaubt es, weil er sonst ihr absagen müsste“ Garantie wegen eines Hutes aufs Spiel zu setzen. Sie sah richtig gut aus mit dem Hut. Sie lud Mia auch ein zum Wettbewerb, aber die war noch unschlüssig. Satt ging er heim. Blau? Nein schwarz, oder?

Nio: Nächster Post


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