Evergreen Harbor Nr. 13 - Familie Watanabe

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12.04.2023 19:35 (zuletzt bearbeitet: 17.02.2024 18:22)
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Wohnbereich/Küche



Bad


Schlafzimmer





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12.04.2023 19:35 (zuletzt bearbeitet: 23.04.2023 22:55)
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Jack Watanabe hatte beim Umzug mitgeholfen – obwohl, viel gab es eigentlich nicht anzupacken. Aber er möchte natürlich gerne sehen, wo Miyu und Yuna leben werden und … wo er bei seinen wenigen Inlandsaufenthalten auch Unterkunft finden wird. Das gemeinsame Haus hatten sie nach der Scheidung nun tatsächlich verkauft. Miyu war es für ihre Bedürfnisse schon immer zu groß gewesen und Jack und sie waren sich schnell einig gewesen, dass keiner von ihnen beiden ein großes Haus bräuchte – Jack nicht, weil er zu oft auf Forschungsreisen unterwegs ist und Miyu ging wohnliche Ressourcenverschwendung schon immer gegen den Strich. Haushaltsführung war noch nie ihr Ding gewesen.

Wie Jack als Forschungsreisender war Miyu weite Teile des Tages als Stadtplanerin ökologisch immer sehr aktiv und umtriebig in der Gemeinde unterwegs gewesen und wenig zu Haus. Tochter Yuna kennt beide Welten der Eltern. Wenn die Schulzeit es zulässt, begleitet sie ihren Vater auf seinen Reisen und assistiert ihm auch dabei – vor allem bei EDV-gestützter Auswertung der Fundstücke und Exponate. Auch vor Einschulung begleitete sie den Vater bereits auf seinen Fahrten – allein oder mit der Mutter zusammen. Jack war stets in der Lage gewesen, Yuna vollwertiger Elternteil zu sein. Und selbst jetzt, wenn tausende Kilometer sie trennen – die moderne Technik erlaubt dem fürsorglichen Vater steten Kontakt mit der Tochter und ihrer Mutter zu halten. Vielleicht hat sich Yuna deshalb so früh mit allen elektronischen kommunikativen Errungenschaften vertraut gemacht.

Sie liebt ihre beiden Eltern und weiß, was sie an ihnen hat - was aber nicht heißt, dass sie sie nicht altersgemäß fordert. Schließlich kommen beide Eltern so langsam in ein Alter … also, da muss man sich als Teenager echt vorsehen. So in stringenter Zusteuerung auf die Vierzig schlagen Vater wie Mutter doch ganz neue Töne an. Tse, tse, diese Midlifecrisis. Yuna bereitet sich schon mal auf diesen schwierigsten Zeitpunkt im Umgang mit Eltern vor und liest sich im Internet alles Mögliche dazu durch. Dass da so Sätze fallen wie, sie solle nicht vergessen wer Mutter und wer Tochter sei, … ja, ja, so was bringen die in dem Alter. Ach, diese Erwachsenen und ihre Phasen. Da muss man als Teenager einfach durch. Man macht schon was mit – mit Eltern.

Die Scheidung soll auch so einen Wendepunkt markieren. Im Prinzip ein freundschaftlicher Abschluss einer nie ganz da gewesenen Partnerschaft, was aber der bestehenden Freund- und Elternschaft zwischen Jack und Miyu keinen Abbruch tut – im Gegenteil. Beide können ihre Lebenswege nun besser planen und Miyu hat sich entschlossen, ihr ganzes ökologisches Wissen an die nächste Generation weiter zu geben und die vakante Stelle einer Schulrektorin anzunehmen. Damit einher ging auch der Umzug in dieses kleine Appartement in Evergreen Habor, weil es einfach in der Nähe zu Miyus künftigem Arbeitsplatz liegt. Yuna wird sich an neue Mitschüler gewöhnen müssen, aber eigentlich sieht sie das recht locker. Viele ihrer Kontakte hat sie eh eher im Netz und die IT-Freaks wird sie auch hier schnell ausfindig machen. Der Rest der Schülerschaft kann ihr meist gestohlen bleiben: die Sporthelden, die It-Girls … Yuna bevorzugt andere Girls - mit Grips. Das hat sie schon früh für sich erkannt.

Jetzt stehen alle im neuen Appartement herum. Der kleine Shiba Inu im Haushalt erprobt schon mal die Federung der … überaus ‚ansehnlichen‘ Couch. Miyu hatte sich entschlossen, das Mobiliar des Vormieters zu übernehmen und den vorherigen Haushalt komplett aufzulösen bis auf ein paar Erinnerungsstücke. Miyu hat die Lage der Wohnung angesprochen und die teilweise schon vorhandene ökologische Grundausstattung. Zugegeben, schön ist was anderes. Da muss noch unbedingt etwas Grundrenovierung her – mit noch mehr Recycleware bitte sehr. „Hier gibt es auch noch einiges für mich zu tun – neben der Schule, oder vielleicht sogar als Schulprojekt!“ wendet sich Miyu gerade an Jack. „Dieses Viertel Conifere Station ist nicht ganz so Luftverpestet. Das wollte ich Yuna nicht antun. Aber gleich das nächste Viertel Port Promise braucht unbedingt engagierte Bürger, wenn man da noch atmen können will.“ Yuna verdreht leicht die Augen. Eigentlich hatte sie gedacht, ihre Mutter würde sich nicht nur auf das nächste Öko-Projekt werfen, sondern sich mal langsam Gedanken machen, was in ihrem Leben sonst so auf der Strecke geblieben ist – und Yuna eigentlich nächtlich mehr Freiraum für ihre ‚Forschungsprojekte‘ ermöglichen. Menno, alle anderen sind doch auch nachts online. Wie machen die anderen das bloß mit ihren Eltern? Yuna braucht da dringend noch ein paar ‚Erziehungstipps‘ für angehende Vierziger.



„Miyu, jetzt mach‘ mal halblang und komm‘ doch erstmal an …, “ wirft Jack gerade milde ein und Yuna nickt ihm dankbar zu: “Danke, Pa, das hätte ich nicht besser sagen können. Lass uns doch erstmal schauen, wer hier so alles wohnt. Müssen ja nicht immer alles gleich Ökoaktivisten sein, Mum.“ Yuna grinst ihren Vater an: „Und vielleicht ist ja auch die ein oder andere nette Nachbarin dabei …“ Jack lächelt seiner Tochter zu. Dass das eigene Kind einem die Augen öffnen musste …

Ja, Yuna ist vielleicht etwas zu reif und welterfahren für ihr Alter. Aber hatten sie das durch ihre Aktivitäten als Eltern nicht selber gefördert? Und sich trotzdem selber erst so spät der Erkenntnis gestellt, eigentlich mehr Freude als ein Paar zu sein? Jack und Miyu sprechen offen über viele Themen, nur nicht darüber wie sie sich die Freizeit auf die Entfernung hin vertrieben. Miyu hat nie gefragt und es gab auch … nichts Ernsthaftes auf Jacks Forschungsreisen. Vielleicht hat er es aber auch nie zugelassen – für seine Familie. Miyu hatte letztendlich die Scheidung vorgeschlagen, um beide auch in dieser Hinsicht wirklich frei werden zu lassen. Und Jack hat nicht gefragt, ob Miyu schon jemanden spezielleren im Sinn hätte, noch wie sie ihre Zeit während seiner Reisen all die Jahre verbrachte. Wenn es etwas Ernsthafteres gäbe, würden sie sich gegenseitig davon erzählen – da ist er sich sicher, allein schon um Yunas Willen. Jack hat kein Problem damit, dass Yunas Interesse Mädchen gilt. Er hat so viele Kulturen und Lebenswelten kennen gelernt, dass ihm nichts fremd erscheint. Dass Miyu erst so spät erkannte, wofür ihr Herz schlägt, tut ihm fast ein bisschen leid. Aber sie war auch nicht unglücklich, hat sie ihm immer wieder versichert. Um keinen Preis wolle sie ihre Freundschaft oder die gemeinsame Tochter missen. Kennen gelernt hatten sie sich in jungen Jahren – natürlich bei einem Treffen von Öko-Aktivisten und auf Anhieb gut verstanden. Sie teilten die gleichen Interessen, den gleichen Enthusiasmus für die Umwelt. Das ist bis heute so geblieben. Deshalb sind sie sich auch in der Erziehung recht einig, zu Yunas Leidwesen, die zuweilen glaubt, ihre Eltern erziehen zu müssen. Natürlich lernen Erwachsene auch von ihren Kindern, aber Jack sieht es wie Miyu. Er ist noch immer der Vater und Yuna die Tochter. Beide Eltern lächeln sich gerade gegenseitig herzlich zu. Der Blick sagt: „Nicht wahr, sie versucht es gerade mal wieder, … die Mutter zu spielen. Wird ihr letztendlich nicht gelingen!“


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12.04.2023 19:36 (zuletzt bearbeitet: 23.04.2023 22:54)
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Hausmeister

Der kleine Shiba Inu meldet sich etwas lautstark zu Wort. Denkt eigentlich irgendwer hier mal an ein kleines hungriges Hündchen? „Wuff, Kläff, Jaul, Wuff, Wuff!“ Jack krault dem kleinen Vierbeiner den Hals, während Miyu eine Futterschale zubereitet. „Was ist eigentlich mit den Nachbarn?“ fragt Jack gerade, „wissen die schon um diesen kleinen Lärmteufel, Miyu?“ Miyu schaut ihn fragen an: „So laut ist er doch nicht. Es gab doch vorher auch keine Probleme mit Nachbarn.“

„Aber Miyu, das ist hier ein kleines Appartement – direkt angrenzend an ein anderes Appartement!“ erwidert Jack gerade. Ups, darüber hatte Miyu bei Wahl des Appartements nicht weiter nachgedacht. „Der Makler hatte gemeint, es sei kein Problem, einen Hund in der Wohnung zu halten. Über Nachbarn haben wir gar nicht gesprochen.“ Yuna mischt sich nun neugierig ein: „Wer wohnt denn nebenan?“ Vielleicht jemand in ihrem Alter? Ein anderer Teenager … mit dem man sich verbünden kann – gegen Eltern? „Ich habe keine Ahnung!“ muss Miyu gestehen. Sie hatte sich wirklich nur auf Lage und Ausstattung konzentriert. Sie brauchten halt zwei Schlafzimmer für Mutter und Tochter. Jack als guten Freund neben sich liegen zu haben auf seinen seltenen Besuchen ist Miyu kein Problem – und es gibt ja auch noch die Couch, sollte sich doch mal eine festere Beziehung bei ihr ergeben. Sie würden dann schon eine Lösung finden.

„Soll ich gleich mal rübergehen und unsere kleine Jaul-Suse vorstellen?“ schlägt Yuna gerade vor. So ein Teenager kennt zuweilen nichts, zumindest nicht so einer wie Yuna. Es ist jetzt nicht so, dass sie der Ausbund ausgesuchter nachbarschaftlicher Höflichkeit wäre oder sich des Hündchens in besonderem Maße verantwortungsvoll annähme. Nein, eigentlich treibt sie nur die entfachte juvenile Neugier an, sich zu fragen, ob dort nicht ein Gleichgesinnter – oder besser noch eine Gleichgesinnte – wohnt. „Untersteh dich, junge Dame!“ Zuweilen wird Miyu ganz die Mutter. Oy! „Wir sind gerade mal angekommen. Es werden nicht spontan irgendwelche Nachbarn überfallen und von dir und dem Shiba belagert, Yuna. Hilf‘ lieber mit, noch unsere Habseligkeiten auszupacken, die Einkäufe zu verstauen und deine Schulsachen schon mal zu richten. Bevor die Schule losgeht, machen wir zwei uns heute Abend nochmal ein Bild vom Gebäude und fahren rüber. Kommst du auch noch mit Jack?“



Jack hebt bedauernd die Schultern: „Meine Maschine nach Überland startet bald. Ich sollte mich so langsam auf den Weg machen. Ich schicke euch eine Nachricht, sobald ich angekommen bin. Macht doch ein paar Bilder von der neuen Schule, und schickt mir die. Dann kann ich sehen, welches Terrain ihr beiden als nächstes unsicher machen werdet.“ Alle drei lachen herzlich miteinander und umarmen sich zum Abschied, bevor Jack sich zum Taxi aufmacht, dass ihn zum Flughafen bringt.

Miyu und Yuna nutzen natürlich öffentliche Verkehrsmittel zur Schule, vielleicht schaffen sie sich noch Fahrräder an. Der Weg müsste eigentlich morgens zu schaffen sein. Am frühen Abend stehen die beiden vor

Ort: Brindleton Bay Nr. 8 - Brindleton Bay Highschool

Yuna sieht die Schule zum ersten Mal. Miyu war natürlich zum Vorstellungstermin schon hier gewesen, hat aber nicht alles an Räumlichkeiten wirklich schon erfassen können. Das sollte sie aber als Rektorin. Sie wird auch noch selber unterrichten in Physik, Chemie und Biologie. Alles wunderbare Fächer, die sich mit ökologischen Projekten verbinden lassen. Vielleicht lässt sich ja auch ein Schulgarten entsprechend einrichten … Miyus Blickt schweift über die Außenanlage.



Nach einer ersten Besichtigungstour kehren Mutter und Tochter am Abend wieder in ihr neues Domizil heim nach


Ort: Evergreen Harbor Nr. 13 / Conifere Station - erstes Appartement der Familie Watanabe

„Der Abend ist noch immer früh, Mum, willst du nicht endlich mal beginnen, auch ein wenig auf die Piste zu gehen?“ Miyu fährt ihrer Tochter lachend übers Haar: „Du kannst es gar nicht abwarten, mich abends aus dem Haus zu haben, oder? Heute Abend hoffst du vergebens. Erstmal müssen wir gut in den Schulalltag starten, dann braucht dieses Appartement noch dringend eine Renovierung. Ich will mich mal auf den ökologisch orientierten Gemeinschaftsplätzen der Gegend umsehen. Danach sehen wir mal weiter … Ach ja, den Nachbarn …“ Seitenblick auf den Shiba Inu, „sollten wir uns wohl wirklich demnächst vorstellen. Ich hoffe, sie haben kein Problem mit … einem kleinen Kläffer.“


Miyu & Yuna - Nächster Post


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12.04.2023 20:40 (zuletzt bearbeitet: 23.04.2023 22:53)
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Hausmeister

Yuna - letzter Post
Miyu - letzter Post

Keito - letzter Post



Keito hatte am Morgen schon etwas Eindruck mit seinem neuen Moped in der Schule gemacht. Selbst die abgebrühte Yuna zeigte sich ganz begeistert und sogar an technischen Fragen interessiert. Die beiden Teens haben endlich ihre Handynummern und Adressen ausgetauscht und sich für den Abend vor Yunas Bleibe in Evergreen Habor verabredet. Er wird nicht klingeln. Sie kommt zum vereinbarten Zeitpunkt runter.

Seiner Mutter hat Keito nur gesagt, er träfe neue Schulkameraden in der Stadt. Sie geht vom Ortszentrum in Brindleton Bay aus. Yuna will ihrer ökologisch orientierten Mum nicht offenbaren, dass sie sich mit Keito zu einer Fahrt auf einer Abgasschleuder verabredet hat. „Das ist ja ganz was Neues, Yuna … Du gehst abends raus statt an deinen heißgeliebten PC?“ Irgendwie beschleicht Miyu doch ein ungutes Gefühl. Sie wünscht ihrer Tochter ja mehr Außenaktivitäten, aber warum die so kurzfristig erst Bescheid gibt, dass sie noch ausgeht und kaum etwas darüber verlauten lässt, wen sie trifft? Neue Schulkameraden meinte Yuna auf Nachfrage nur lapidar. Nun gut. Sie ist kein kleines Kind mehr und eigentlich … recht vernünftig. „Viel Spaß,“ wünscht Miyu noch. „Danke Mum und … du solltest dir auch mal was anderes überlegen … als zuhause zu hocken“, dann müsste ich gar nicht so viel erklären, wo ich selber hingehe, denkt Yuna noch.



Miyu seufzt. Yuna hat ja recht. Die zauberhafte Elani kommt ihr wieder in den Sinn. Ihr fällt kein rechter Grund ein, sie vor dem Elternabend nochmal persönlich zu treffen. Es gibt nichts zu besprechen, was nicht im Elternbrief stünde oder über ein kurzes Telefonat zu regeln wäre bezüglich der kulinarischen Ausgestaltung des Elternabends. Miyu hätte eh keine Ahnung, was sie Gehaltvolles zu Kochkünsten beitragen sollte. Sie muss das ganz Elani überlassen, was die mitzubringen gedenkt. Miyu ist sich nicht mal sicher, ob Elani überhaupt bemerkt hat, wie verzückt sie von ihr ist. Als Rektorin muss sie sehr umsichtig sein, besonders bei der Mutter eines neuen Schülers ihrer Schule. Miyu seufzt noch einmal vernehmlich. Yuna ist schon längst zur Haustür raus. Gar nicht so einfach das Ganze. Mal sehen, wie der Elternabend wird … Miyus Lichtblick in Bezug auf Elani.


„Hi, Keito!“ begrüßt Yuna den Schulkameraden unten vor dem Appartementgebäude. „Wartest schon lange?“ – „Das hättest wohl gern!“ kontert der. Beide brechen in Gelächter aus. Der Abend verspricht heiter zu werden. Sie haben einen ähnlichen Humor. „Nun zeig mal deine Kiste, wo steht sie denn? Oder biste doch mit dem Bus hier?“ – „Quatsch, ich wollt‘ die Maschine nur nicht direkt unter den Fenstern hier parken. Du hast doch gesagt, deine Mum steht nicht so auf Motoren – von wegen Umwelt.“ Beide giggeln wieder los wie zwei Vierzehnjährige, fangen sich aber wieder. Schließlich sind sie ja schon sechszehn – steinalt also. Und Yuna glaubt ja sowieso, dass sie die bald Vierzigjährigen erziehen muss, weil die die Welt nicht so richtig verstehen.


Sie laufen rüber zu Keitos aufgebocktem Moped. Yuna lässt sich mit Kennerblick über das gute Stück aus. Keito ist fast sprachlos. Das hatte sie am Morgen in der Schule noch nicht so rausgelassen. Ein wenig wird sie Rot. „Na ja, ich bin auch für die Umwelt, aber ebenso … für schnelle Fortbewegung. Hauptsächlich theoretisches Wissen und ein bisschen … Praxis … im Busch … auf Forschungsreisen. Da fragt keiner so danach. Meine Mum weiß gar nichts davon.“ Jetzt will Keito aber doch ein bisschen was über Fahrten in irgendeinem Busch wissen. Keito wird fast ein bisschen neidisch, als Yuna von ihrem Vater und seinen Forschungsreisen erzählt. Und die Eltern kommen gut miteinander klar – trotz Trennung. Warum kann das bei ihm zuhause nicht auch so sein? Als Yuna ein bisschen nach seinem Vater fragt, mag er kaum erzählen, wird einsilbig. Das schreckt sie nicht ab. Sie hakt einfach direkt nach: „So schlimm? Deine Mum macht eigentlich einen ganz netten Eindruck … vor allem auf m e i n e Mum,“ schiebt sie noch lachend nach.


Ein bisschen versetzt das Keito einen kleinen Stich und er haut etwas scharf raus: „Was soll d a s denn heißen?“ Im nächsten Moment tut es ihm leid. Yuna kann es ja nicht wissen. Im Moment störte ihn jeder oder jede andere an der Seite seiner Mutter - außer sein Vater. Irgendwie hofft er, dass seine Eltern sich vielleicht doch wieder vertragen mögen. Instinktiv weiß er aber, dass das nicht passieren wird. Er begreift nicht alles, was zu dem Zerwürfnis führte. Und im Prinzip hat seine Mutter nie glücklich mit seinem Vater gewirkt. An gute Tage zu Dritt kann er sich nicht erinnern. Das scheint bei Yuna anders gewesen zu sein, auch wenn die Momente wegen der Reisen wohl rar gewesen waren. „Weißt du, ich weiß nicht mal, wovon er lebt, ob er überhaupt einen Beruf hat. Meine Ma hat immer gearbeitet und praktisch das Geld heimgebracht.“ Yuna schaut ihn mitfühlend an. Das klingt gar nicht gut. Sie hatte eine Schulkameradin an der letzten Schule … da sah das so ähnlich aus. „Ich weiß gar nicht, warum ich dir das überhaupt erzähle,“ bricht Keito unwirsch ab. Er spricht eigentlich sonst gar nicht über seinen Vater. Irgendwo … am Grunde seines Herzens … ahnt er, je älter er wird, … dass sein Vater ein Schaumschläger ist. Noch kann er sich das aber nicht in Gänze eingestehen.


„Wollen wir jetzt ‘ne Tour machen oder nicht?“ lenkt Keito ab. Lieber ruft er jetzt ein für ihn angenehmeres Bild hervor: Yuna hinter ihm auf seinem Bock, die sich eng an ihn klammert, während er 100 Sachen gibt. Er grinst vor sich hin, bis er ihre Frage hört: „Lässt du mich mal fahren?“ – „Häh, hast du überhaupt einen Führerschein?“, verlangt er zu wissen. „Nö, aber da hinten auf dem Platz wär‘ doch OK. Biiitteee, nur ‘ne kleine Runde …“, versucht Yuna mit keckem Augenaufschlag zu überzeugen. Sie klimpert noch ein bisschen mit den Augen hinterher - wie ‘ne Barbi – und grient dabei gleichzeitig breit. „Brave Rektorentöchter sind doch die schlimmsten …“, Keito führt seinen Satz besser nicht weiter aus. So ein Früchtchen. Bedient sich doch einfach trivialer Klischees, um ihn zu veräppeln. „Na, dann lass mal sehen …!“, erwidert der Herausgeforderte.



Joa, Yuna schmeißt das Gerät ganz ordentlich an. Keito ist durchaus beeindruckt. „Na los, schwing dich rauf, Keito!“ W a s?! E r soll hinter i h r aufsitzen?! Etwas ungläubig fragt er nochmal nach: „Biste sicher?“ – „Ist doch nur auf dem Platz hier … und du kannst schneller eingreifen, wenn ich … Bockmist mache,“ lacht Yuna ihn einladen an. Seine gute Maschine! Schnell schwingt sich Keito hinter Yuna auf s e i n Moped. Wie absurd, denkt er noch. Dann geht’s auch schon los. Yuna gibt Vollgas und … 100 Sachen. Unwillkürlich klammert e r sich an Yuna. Sein Bild von vorhin … war doch … irgendwie … anders… herum …! Diese Katze. Die ist doch nie und nimmer nur in irgendeinem hinterwäldlerischen Busch gefahren. Yuna lacht hellauf begeistert, während sie noch mal an Geschwindigkeit zulegt. Sie sind auf dem Weg zum Highway of Hell. Aber sie fährt sicher, selbst in den Kurven. Keito überlässt sich ganz dem Geschwindigkeitsrausch, schmiegt sich weiter an, lässt Gedanken und Träume fließen, z.B. vor ihm säße irgendein ihm zugetanes nettes Mädel. Yuna schmunzelt: Klammere dich nur an mich und träum von was Schönem, während ich mir‘n süßes Girl vorstelle, das sich an mich schmeißt. Beide rauschen träumend gemeinsam weiter durch die Nacht.


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12.04.2023 20:53 (zuletzt bearbeitet: 23.04.2023 22:52)
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Hausmeister

Miyu und Yuna kommen heute mal gemeinsam von der Schule heim. Der kleine Shiba Inu kläfft und bellt aufgeregt und springt abwechseln an beiden hoch. Bei Miyu landet er dann auch endlich für ein paar Streicheleinheiten und Nasenstüber auf dem Arm: „Ja, ja ist ja gut, du kleiner Kläffer …“, lacht Miyu und denkt gleich schuldbewusst, dass sie ihn irgendwie mehr in die Schule mitnehmen sollte … auch wegen der Nachbarn. Ach ja, die Nachbarn. Noch hat sich keiner beschwert. Sollte sie es dann auf sich beruhen lassen oder doch mal vorsichtig anfragen, ob soweit mit der Lärmbelästigung alles ok ist? Als wenn Yuna Gedanken lesen könnte, fragt sie gerade: „Wann wollen wir denn mal bei den Nachbarn anklopfen?“ Sie spielt immer noch mit dem Gedanken, dass sich vielleicht in Nachbars Wohnung eine jugendliche Schönheit mit Geist verbergen könnte. In der neuen Schule war sie noch nicht fündig geworden. Sie hat aber auch noch nicht alle Schüler und Schülerinnen kennenlernen können.



„Lass uns erstmal zu Abend essen und unser Kleiner braucht auch noch einen Snack,“ erwidert Miyu und sucht im Kühlschrank etwas für eine schnelle Mahlzeit zusammen. Hach, Elanis Schnittchen wären jetzt ein Gedicht. Miyu gerät etwas ins Träumen, während sie gedankenverloren irgendwelche essbaren Produkte für ein kaltes Abendbrot zusammenklaubt. „Mum, was willst du … mit der Flüssigsahne?“ Yuna will es nicht so scheinen, dass die Sahne zu Brot mit Aufstrich oder Aufschnitt passt. „Hol‘ doch lieber die … Tomaten raus.“ So versonnen hat Yuna ihre Mum selten erlebt. Die steht sonst mit beiden Beinen im Leben oder auch standhaft vor einem anrollenden Bulldozer. Mehr als einmal hat Yuna das erlebt, dass ihre Mutter nicht weicht, selbst auf die letzten Zentimeter nicht. Haben sie sie deshalb an der Schule als Rektorin angenommen? Wissen die das überhaupt? Yuna war erstaunt gewesen, als ihre Mutter sich um den Posten bei ihrer ökologisch revolutionären Vorgeschichte beworben hatte und auch noch angenommen wurde. Sie kann auch jetzt noch nicht ganz begreifen, dass sie ein ‚Rektorentöchterlein‘ geworden ist und weiß nicht so recht mit dieser Rolle umzugehen.


Über den Abend neulich mit Keito hat Yuna besser kein Wort ihrer Mum gegenüber verloren. Tja, in ihr schlummert auch etwas Rebellion – wie auch nicht, bei diesen elterlichen Vorbildern! Nur geht Yunas Aufbegehren in etwas andere Richtung als ihre Mutter gutheißen würde … Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit ohne Führerschein auf einer Abgasschleuder … Yuna kann froh sein, dass Mum nicht Urgroßvaters Samuraischwert zückt, dass über ihrem Bett zum Gedenken an ihn hängt. Der einzige Hinweis auf ihre ehemals japanische Herkunft. Miyu ist in ihrer Jugend noch von ihrem Großvater als einziges Enkelkind unterwiesen worden, weiß Yuna. Seitdem hat Miyu das gute Stück außer zum Aufhängen aber nicht mehr angerührt. Sie pflegt keine alte Familientraditionen, hat dies auch von Yuna nie verlangt. Miyu wie Jack haben Japan nie kennengelernt.


Nach dem Abendessen – es kamen doch noch die Tomaten auf den Tisch statt die Flüssigsahne – räumt Yuna selbstverständlich den Tisch ab. Über solchen Papperlapapp geraten Mutter und Tochter nicht in Diskussion. Yuna ist kein verwöhntes Kind und packt selbstverständlich mit an. Ihre Mutter war immer Vollzeit berufstätig und Yuna schon früh selbstständig in dieser Hinsicht. „Na, dann schauen wir mal, wer nebenan wohnt,“ eröffnet Miyu den Auftakt zur Nachbarschaftsvisite. Und gleicht bellt und kläfft es freudig lautstark neben ihr. Der Shibu Inu spürt ‚Aufbruch‘ und dass er irgendwie mitsoll. Ja, ja, ja, jappst er und kommt wieder auf den Arm. Miyu und Yuna machen sich zum Appartement nebenan über den Außengang auf.



Ort: Evergreen Harbor Nr. 12 / Conifere Station - Appartement der Nachbarn

Der Shiba lässt sein bestes Gebell los: „Wuff, wuff“, *hechel, hechel*, „wuff!“ Miyu klopft höflich an.


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12.04.2023 21:54 (zuletzt bearbeitet: 23.04.2023 22:51)
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Hausmeister

„Hast du hier in den letzten Tagen zu irgendeiner Tag- oder Nachtzeit mal jemanden gesehen? Ist das Appartement überhaupt bewohnt?“, wendet sich Miyu an Yuna, die oft früher am Tag zurück ist als ihre Mutter. „Ehrlich gesagt, nein! Hab‘ keinen bemerkt.“ Die beiden kehren zurück in ihre Wohnung.

Ort: Evergreen Harbor Nr. 13 / Conifere Station - Appartement der Familie Watanabe

Miyu grübelt noch etwas vor sich hin, während sie den Shiba auf der Couch streichelt. Das scheinbar unbewohnte Appartement nebenan ist nicht das einzig Merkwürdige. Im eigenen sind ihr auch ein paar Kuriositäten aufgefallen. Das wäre was für ihren guten alten Bekannten, Don El Artichocke. Der interessiert sich für solche Sachen. Jedes Mal, wenn Miyu einen Neuerwerb in der Wohnung platziert – und sei er noch so winzig - bleibt der irgendwie nicht save an seinem Platz. Don hat eine ganze BUG-Sammlung, wie er das nennt, und sogar eine Zeitung darauf hin begründet. Das sollte Miyu ihm vielleicht mal stecken. Sowas gehört doch in einer Zeitung veröffentlicht. Vielleicht sind die Nachbarn auch schon deswegen ausgezogen … Sie hat sich wohl Mumpitz andrehen lassen mit dieser Wohnung. Am besten macht sich Miyu auf die Suche nach einem neuen Refugium. Gerne in dieser Umgebung. Conifere Station gefällt ihr schon.



„Yuna, was hältst du davon, nochmal im näheren Umfeld umzuziehen? Irgendwie ist dieses Appartement nichts.“ Yuna ist sofort dabei. „Wenn man was ändern könnte, wär’s ok gewesen, aber ich kann ja nicht mal‘n neues Tablet anschaffen. Nichts ist save hier. Ist das so‘n Viertel mit Einbruchsserien?“ Miyu grübelt. „So wie ich Don verstanden hab, gibt es mehr Ein b u g serien als Einbruchserien. Schau doch mal, was du online in deinem Gerät findest.“ Es dauert nicht lange und Yuna wird fündig: Evergreen Harbor Nr. 10 / Conifere Station - Appartementhaus (von Hoppel785). „Sieht das nicht genau nach dem aus, was wir suchen, Mum?“ Miyu ist auch sofort begeistert und schnappt sich das Mobilphon. Sicher, sie nutzt jetzt ein bisschen ihre neue Stellung aus, aber dieses Appartement soll ihr keiner wegschnappen. „Rektorin Watanabe der Brindletoner Highschool hier … Spreche ich mit dem Vermieter?“ Ha, die gewünschte Wirkung tritt ein! Zumindest vermittelt es gleich eine gesicherte Zahlungsfähigkeit, dabei ist sie nur angestellte Rektorin … in der Probezeit. Wenn sie scheitert, fliegt sie. „Wunderbar, in drei Tagen dann.“ Miyu legt auf. „Wir haben die Wohnung.“ Yuna strahlt: „Mum, ich kann noch von dir lernen …, manchmal!“ Wir wollen ja nicht übertreiben, denkt Yuna natürlich noch. „Dann lass uns schon mal mit Packen beginnen, Yuna. Viel ist’s ja nicht. Bekommen wir mit den Fahrrädern rüber. Die neue Wohnung ist mehr nach meinem Geschmack eingerichtet. Und auch vollmöbliert.“ Und voll ökologisch, was Miyu besonders wichtig ist.


Yuna simst Keito an als sie allein in ihrem Zimmer ist: Wir ziehen in drei Tagen um nach Evergreen Harbor Nr. 10. Nächstes Treffen für Nachtfahrt dort. Er lässt sie bestimmt wieder fahren. Yuna lächelt vor sich hin.


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12.04.2023 22:08 (zuletzt bearbeitet: 23.04.2023 22:50)
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Hausmeister

Jack hat es sich nicht nehmen lassen, zum Umzug von Miyu und Yuna extra Heimaturlaub zu nehmen. Sie stehen zusammen vor dem neuen Appartementhaus. „Miyu, Yuna, der Bauherr hat sich selbst übertroffen. Das wirkt doch gleich auch von außen viel wunderbarer und anheimelnder als das andere Gebäude. Schau dir nur diese ganze Begrünung und Bepflanzung an.“ Jack ist regelrecht begeistert und auch Miyu ist ganz in ihrem Element. „Hier draußen kann ich sogar auch einiges anpflanzen und schon mal für den Schulgarten vorbereiten.“ Yuna drängt jetzt, ihrem Dad die Innenausstattung zu zeigen. Vor allem ihr Zimmer gefällt ihr wesentlich besser.



„Ich muss schon sagen, alles sieht wesentlich heller und freundlicher aus als in dem anderen Appartement,“ lobt Jack die neue Wohnung anerkennend. „Und … es ist viel mehr Nachhaltigkeit in der Ausstattung berücksichtigt,“ ergänzt Miyu ganz verzückt. Yuna rollt ein wenig mit den Augen und denkt lieber an die nächste Mopedfahrt mit Keito. Zu gerne würde sie sich eine eigene Maschine anschaffen als immer nur zu radeln. Dann könnte sie mit Keito um die Wette fahren. Hah, sie würde gewinnen!


Yuna zieht sich in ihr neues Zimmer zurück. Mal ein bisschen chatten mit Keito und alten Freunden über die neue Wohnung und dann … noch ein bisschen zocken …


Jack und Miyu begutachten noch ihr neues Schlafzimmer. „Das wirkt aber auch sehr viel ansprechender, Miyu.“ Sie sitzen beide auf Miyus neuem Bett aus 100% recyceltem Material. Der Shiba zerkaut einen Naturkautschukball, den Jack von seiner aktuellen Forschungsstätte mitgebracht hat. „Und du weißt, Jack, du kannst hier jederzeit übernachten – neben mir.“ Jack ist immer noch Miyus bester Freund. Sie können über nahezu alles reden. Er weiß, dass mit der Offerte keinerlei Hintergedanken verbunden ist. Sie können wirklich friedlich freundschaftlich und entspannt nebeneinander schlafen. Keiner von beiden schnarcht zum Glück. Jack erkundigt sich nach der neuen Arbeitsstelle, den Kollegen. Er ist ein guter Zuhörer. War er schon immer. Auch Miyu fragt rege nach seinen neuesten Fortschritten vor Ort auf seinen Reisen.


„Und, was macht … die Liebe?“ Erst jetzt nach tatsächlich erfolgter Scheidung spricht Jack auch diesen Teil ihres Lebens an – der einzige, den beide in aller Freundschaft ausgeklammert hatten zuvor. Er hatte irgendwie ein … leichtes Leuchten in Miyus Augen bemerkt, dass ihm so zuvor nie aufgefallen war. Miyu blickt hoch, lächelt fein: „Hast du’s bemerkt? Du kennst mich wirklich gut, Jack. Sie heißt … Elani.“ Miyu ist froh, dass Jack das Thema von sich aus angeschnitten hat. Auch die letzte Hürde für einen offenen freundschaftlichen Austausch zwischen dem ehemaligen langjährigen Ehepaar ist genommen. „Es ist gut, mit jemandem darüber reden zu können. Sie ist die Mutter eines neuen Schülers an meiner Schule.“ Miyu seufzt. „Ich weiß nicht, ob sie mich … gleichermaßen schätzen würde wie ich sie.“


Jack sieht Miyu lange an, bevor er antwortet: „Das weiß man am Ende doch nie … bevor man es nicht ausprobiert, oder? Nur Mut Miyu!“ Miyu sieht Jack dankbar für diese Wort an.


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13.04.2023 00:48 (zuletzt bearbeitet: 23.04.2023 22:49)
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Keito - letzter Post

Keito ist in den frühen Morgenstunden mit Hochgeschwindigkeit zu Yunas neuer Wohnung gebrettert. Er braucht jetzt dringend jemanden zum Reden. Yuna … scheint für ihr Alter ziemlich welterfahren und … nicht leicht zu erschüttern. Genau so jemanden braucht er jetzt. Mit quietschenden Reifen hält er vor dem Wohnblock … Hm, wesentlich hübscher hier, fällt ihm trotz aller Aufregung auf. Yuna kommt auch schon runtergestürzt: „Keito, was ist denn bloß los? Das hörte sich so dringend an! Jemand gestorben?“ Ja ich, innerlich … „Kannst mich mal ganz fest drücken, bitte?!“, kommt es fast weinerlich von Keito … Der coole Kei …? Er sieht so entsetzlich aus, dass Yuna mit dem Schlimmsten rechnet. Sie drückt ihn ganz fest, hält ihn … „Ich hab‘ was ganz Schlimmes getan …“ Yuna erstarrt leicht. E r hat was ganz Schlimmes getan …? Sie schiebt ihn leicht von sich: „W a s ist passiert?!“




Och, er wäre gern noch etwas weiter gedrückt worden, umarmt, während er erzählt hätte, getröstet für diese schreckliche Empfindung … “Ich hätte fast meine Ma geschlagen …!“, schnieft Keito. „Du hast w a s?“, brüllt Yuna entsetzt, bekommt schmale Augen und guckt ihn scharf an. „Und möchtest jetzt von mir Trost, oder wie? Den hätt‘ jetzt wohl eher deine Mum verdient! Erzähl!“, fordert sie in herbem Ton auf. Öhm, ja, irgendwie hatte er Trost für s i c h erwartet. Schlagartig ist Keito ernüchtert. Er stottert fast ein bisschen, als er vom nächtlichen Ablauf berichtet. „Keito! Dein Vater ist ein A…loch! Willst du auch eins werden?!“ Das musste mal gesagt werden. Yuna hatte schon die ganze Zeit den Eindruck, dass mit Keitos Vater was nicht stimmt, seine Ma aber ganz Ok ist. Ihre Mum würde sich sonst nicht in sie vergucken …, da ist sich Yuna sicher.



„Komm‘ gehen wir zu meiner Mum. Die weiß sicher rat. Deine Ma ist mit deinem Pa allein in der Wohnung. Ich glaub, der ist ziemlich gefährlich. Ist dir das eigentlich klar? Wer kommt denn so verletzt nachts an die Tür, hat keine Krankenversicherung, offenkundig keine Wohnung, keinen Job und du tobst deine Mutter an? Der manipuliert euch ganz schön… Ich hatte so eine Klassenkameradin in der letzten Schule. Ging schlimm für sie aus … Ihr hättet lieber die Polizei rufen sollen, als ihn rein zu lassen …“ Keito bekommt es bei Yunas Ansage mit der Angst zu tun. Er sieht wieder dieses Bild vor sich, wo seine Ma am Boden liegt … Er hat sie mit seinem Pa allein gelassen … Er hat es immer gewusst …, aber nicht sehen wollen. Aber er kann doch auch so nett, so lustig, so charmant sein, so … überzeugend … Keito fühlt sich heillos überfordert … Er hätte auch beinahe zugeschlagen …, aber warum begreift er selber nicht ganz … Er folgt Yuna unsicher die Treppe hoch … Am freien Tag zur R e k t o r i n … Er weiß nicht, was er von Frau Watanabe halten soll. „Kopf hoch, Keito. Sie reißt dir deinen sicher nicht ab – glaub ich.“ Ja ok, sie macht ihm grade ein bisschen Bange. Hat er verdient. Wehret den Anfängen. Sollt‘ nur mal jemand die Hand gegen sie erheben. Das hat sie von ihrer Mutter gelernt, sich in der Hinsicht nichts bieten zu lassen …, das nie als Kavaliersdelikt abzutun. Keito fühlt sich, als müsste er zur Schlachtbank.


Miyu puschelt gerade den Shiba auf der Couch … und wartet. Yuna ist vorhin wie von einer Tarantel gestochen die Treppe runter gepest und kommt jetzt … mit Keito im Schlepptau hoch. Er sieht bedrückt aus, sie … empört. Was ist da los? Ist das jetzt der Schüler, mit dem Yuna öfter mal draußen ist, statt am PC drinnen zu hocken? Elanis Sohn …! Miyu hört sich einfach wortlos Yunas Bericht an, den Keito teilweise auf Aufforderung zögerlich ergänzt. Er fühlt sich ganz offensichtlich nicht wohl in seiner Haut. „Und sie ist jetzt allein mit deinem Vater zuhause?“ Mehr fragt Miyu nicht. Yuna hat es schon ganz richtig eingeschätzt. Sie war bei vielen Sozialprojekten ihrer Mutter beteiligt gewesen. Diese Sorte kennt keine Grenze, keine Empathie für andere. Das haben sie sich nicht unbedingt ausgesucht, stoppen muss man sie trotzdem, damit sie nicht anderen schwer schaden. Es ist brenzlig, Elani durchaus in Gefahr … Miyu fröstelts. Solange nichts ‚passiert‘ … schreitet niemand ein, bis es zu spät ist.



„Keito, es ist gut, dass du Rat und Hilfe gesucht hast“, Miyu lächelt ihn freundlich an: „Und es ist gut, Erwachsene zu Hilfe zu holen. Das ist nichts, was ihr allein lösen könntet …“. Keito lächelt zaghaft zurück. Einen Satz muss sie ihm noch sagen: „Und gut, dass du dich zurückhalten konntest … Das hat niemand verdient! Es wäre zu schwer gewesen, sich wieder zu begegnen, wäre dir die Hand ausgerutscht …“ Sie lässt die Worte sacken … Keito schluckt schwer. „Ich denke, es ist dem ganzen Stress geschuldet, aber niemals eine Entschuldigung …“ Keito nickt. So will er nie werden, so sieht er sich nicht … „Ich helfe euch gerne, wieder einen besseren Weg miteinander einzuschlagen …“ Rektorin Watanabe wäre vielleicht nicht die schlechteste Wahl für seine Ma … Obwohl sich Keito noch immer nicht so recht vorstellen könnte, dass seine Ma und ein Rektor oder eine Rektorin … Puh, harter Tobak, aber im Moment fühlt er sich doch einfach etwas zu erleichtert, um sich mit diesem Gedankengang weiter zu befassen. Und noch überwiegt die Sorge, zu was sein Vater gegenüber seiner Mutter fähig sein könnte … und was er beinahe getan hätte. Irgendwie deuten die beiden – Mutter und Tochter - aber auch mehr als das an, was ihm vor Augen schwebt. Was meinen die? Die machen ja einen Schwerverbrecher aus seinem Pa ... Das kann doch nicht sein …



„Ich hab‘ was zu erledigen!“, erklärt Miyu ganz ruhig, steht auf und geht in ihr Schlafzimmer. Sie weiß, dass keine Polizei oder Gerichtsbarkeit ausreichend einschreiten kann. Elani wäre ständig auf der Flucht, voller Furcht, immer wieder entdeckt zu werden. Irgendwann hoffnungslos … Yuna beschleicht ein eigenartiges Gefühl. Wenn ihre Mum d i e s e gefährliche Ruhe ausstrahlt, ist mindestens ein fahrbereiter Bulldozer in der Nähe, wenn nicht Schlimmeres … Das sieht jetzt nicht nach einem Telefonanruf bei irgendeiner Behörde aus …

Miyu steht vor dem Kopfende ihres Bettes, betrachtet die Wand darüber, verbeugt sich ehrerbietig: „Großvater Ikuto!“ Sie nimmt die Scheide von der Wand, ihr altes Gewand aus dem Schrank und legt beides an. Lang ist es her. Sie betrachtet sich im Spiegel … „Elani!“






Es gibt keinen anderen Weg! Sie verbirgt die Klinge in den weiten Falten ihres Gewandes und schreitet ins Wohnzimmer zurück. Mutter und Tochter verharren eine Weile schweigend … Jede mit anderer Blickrichtung. “Lehrst du mich, Mutter?“ – „Ja, Tochter! Beizeiten!“ Keito blickt nur sprachlos mit offenem Mund von einer zur anderen … Was passiert hier gerade? Miyu nickt ihm nur verabschiedend zu und verlässt das Appartement. „Wir können jetzt nur warten, Keito …“ vermeldet Yuna.


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15.04.2023 00:55 (zuletzt bearbeitet: 23.04.2023 22:47)
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Miyu & Yuna - letzter Post


… und Yuna erzählt, wiederholt immer wieder die Ereignisse um Terence, solang es keinen Schüler betrifft, außer Keito, denn er steht seit der Nacht bei Elani schon ein bisschen näher zur Familie Watanabe. Miyu hält ihre Tochter fest im Arm und streicht immer wieder über ihr Haar, ihre Schultern. Welch Ängste muss sie ausgestanden haben und nun ist Terence wieder auf freiem Fuß hat sie im Laufe des Nachmittages eine Nachricht von Lotta abgehört. Maryama hat’s ihr erzählt. Yuna ist nun auch informiert, um auf der Hut zu sein. Mutter und Tochter fröstelts. „Wenigstens weiß ich jetzt wie er aussieht. Was war ich naiv!“, schimpft Yuna sich selber. Sie hatte ihn wohl wirklich beim Spukhaus erneut gesehen. Wollte er sich an den Schülern rächen?



„Wie geht es Keito? Und was war das mit den Messern?“ hakt Miyu nun doch nochmal nach. Sie erinnert sich an Keitos aufbrausende und impulsive Art, die zuweilen durchbricht. Die geht nicht einfach weg und macht ihr noch etwas Sorge auch Yunas wegen. Die wird ein bisschen vorsichtig jetzt: „Ham‘ wir Terence abgenommen!“, erklärt sie etwas fade. Miyu wird hellhörig bei dem verhaltenen Ton, schaut ihre Tochter streng an. Da würde Mum doch ausrasten, erführe sie, dass Keito die ganze Zeit eine Stichwaffe trug. Yuna blickt ihrer Mutter nicht in die Augen. Ja, das war eine gefährliche Nummer. Yuna ist ja selber froh, dass sie ihm die abgenommen hat. Sie wird Keito im Nachhinein nicht verraten. Ist ja nichts passiert. Miyu schnauft nun doch etwas hörbar. Der Blick zu Boden ist ihr Antwort genug, aber ohne klare Antwort kann sie Keito nicht mehr zur Rechenschaft ziehen. Ihre Stimme fällt recht scharf aus: „Ich möchte nicht erleben, dass Waffen an der Schule getragen werden und auch sonst gehören sie in niemandes Hände, verstehst du? Das ist kein Spaß!“ Yuna nickt und kann den Blick noch immer nicht heben. Sie hätte viel früher Keito hindern müssen, das Ding zu tragen. Aber er hatte Angst gehabt.


Auch Miyu ist das klar und sie merkt die eigenen Widersprüche, denn demnächst trainieren sie mit scharfem Gerät … Sie sollten doch einen anderen Trainingsort wählen. Vielleicht gibt es bei Lotta Platz oder in Elanis Garten. „Auf jeden Fall sollte niemand tagsüber, während Schüler anwesend sind, sich so unsicher fühlen, dass er bewaffnet umher rennt auf dem Gelände.“ endet sie etwas milder.“ Yuna blickt nun doch hoch. „Trainierst du mich, Mum?“ Miyu lächelt sanft, streicht ihrer Tochter übers Gesicht: „Noch nicht, mein Kind! Erst wenn du älter bist. Lass uns jetzt schlafen gehen.“ Yuna umarmt ihre Mutter noch einmal inniglich bevor sie sich ihn ihr Zimmer verzieht. Auch Miyu geht zu Bett. Das war ein langer Tag.

Yuna telefoniert noch mit Keito: „Hast du es auch gehört? Er läuft schon wieder draußen rum!“ Keito auf der anderen Seite bestätigt besorgt. „Du holst dir aber kein neues Stichgerät, oder …? Das macht mir Angst!“ Yuna ist beruhigt als Keito versichert, dass es ihm letztendlich ähnlich geht. Wirklich sicherer fühlte er sich mit Messer auch nicht. Nein, er würde trotz Ängste darauf verzichten, erklärt er. Yunas Sorge legt sich ein bisschen. Sie sind immer noch gute Freunde, auch wenn ihr Verhältnis jetzt … anders ist.


Etwas entspannter kuschelt sie sich unter ihre Bettdecke, während beide noch etwas ungewohnt tändelnde Wort miteinander teilen und Yuna so etwas wie jugendliche Aufgeregtheit dabei verspürt, wie sie weiter miteinander umgehen werden. Es ist so frisch und neu … anders als die kurzweiligen Avancen mit den älteren Damen. Sie fühlt sich hierbei gar nicht so abgeklärt wie sonst …


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15.04.2023 10:06 (zuletzt bearbeitet: 23.04.2023 22:46)
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Charaktere: Miyu & Yuna, Jack
Geschichtsstrang: Schlechte Nächte


Miyu ist erleichtert, dass Jack endlich eintrifft. Elani übernimmt heute allein den Unterricht in Chemie und Hauswirtschaft. Yuna ist von der Schule befreit. Das hier ist wichtiger, existenzieller. Miyu hat noch nie die Priorität allein auf Bildungsinhalte im Unterricht gesetzt. Das ist nur ein möglicher Baustein im Leben. Kaum jemand vermag das zu erkennen, stellt sie immer wieder erstaunt fest. Selbst die Schülerschaft hält irritierenderweise arg an sehr Altherhergebrachtem fest. Als würde es keine Weiterentwicklung geben. Und d a s ist schon die nächste Generation, seufzt sie wieder einmal innerlich.

„Dad!“, ruft Yuna aufgeregt, winkt und freut sich wie sonst was. „Dad, hier sind wir!“ Miyu ist froh. Sie hatte es richtig eingeschätzt, dass Yuna jetzt auch ihren Vater braucht, obwohl Yuna nicht gedrängt hätte, dass er alles stehen und liegen lässt. Aber er tut es – für sein Kind. Jack windet sich durch die Absperrung an einem Pulk von Leuten vorbei. „Yuna, Schatz!“ Er kann es nicht erwarten, seine Tochter in die Arme zu schließen. Dieser Besuch ist anders als die anderen. Jack hat die letzten Nächste kaum ein Auge zugetan. Was ist seiner kleinen Yuna nur widerfahren? Jack ist nicht sehr rührselig, er lächelt Miyu kurz dankbar zu und schließt Yuna dann fest in die Arme, kann sie kaum loslassen. Leicht blinzelt er diesmal doch, nimmt Miyu wahr. Auch sie hatte Tränen vergossen. Sie haben zu Dritt schon Übelstes erlebt. Sie sind sogar sehenden Auges bewusst darauf zugegangen und sie haben Yuna auf vieles vorbereitet … aber nicht auf so etwas wie Terence. Darauf kann man nicht vorbereiten. Und dann war da noch etwas gewesen … die Nacht, berichtete sie späte. Etwas … Spirituelles. Zwei Wesen vielleicht, denn Yuna versicherte, dass sie zwar gebunden, aber nicht bedroht gewesen sei. Aber einen anderen habe etwas Schlimmes erwischt … etwas, das im Tode wohl so böse wie Terence im Leben gewesen sei.

Auch dies hat Yuna nicht zum ersten Mal erfahren, dass neben aller Wissenschaft auch Übernatürliches zugange ist. Weder Miyu noch Jack sehen das als Widerspruch und gerade auf Jacks Forschungsreisen hatten sie bei Schamanen und Riten allerlei erlebt, was niemals logisch zu erklären ist. Und was ist ein Vampir anderes als Übernatürlich? Sie haben jetzt sogar zwei okkulte Schüler an der Schule. Miyu hat kein Problem damit, an die Geisterwesen zu glauben und dass einer Yuna nicht gehen ließ. Wer schwer getroffen wurde hat Yuna nicht verraten. Es gibt jedoch einen Nachhall dieser Nacht, der Miyu Sorge macht. Tagsüber ist Yuna fast wie gewohnt, routiniert … wie sie es eben gelernt hat im Umgang mit Ängsten und Panikattacken … den Atem kontrollieren, die Muskeln entspannen, den Puls entschleunigen. Die Nacht hörte Miyu Yuna aber schreien. Sie erwachte dabei nicht. Sie lag da wie eingefroren, war nicht zu wecken und wusste selber nichts davon am nächsten Morgen. Miyu schon! D a s macht ihr Sorgen.
D a s worüber Yuna scheinbar nicht sprechen kann. Es geht nicht um Namen oder Ereignisse, sondern um das, was so beängstigend ist, dass es tief ins Unterbewusste sinken muss, weil ein bewusster Gedanke daran scheinbar nicht mehr zu ertragen ist.

Jack kommt untergehakt mit Yuna auf Miyu zu und umarmt sie mit der freien Hand: „Wie geht’s dir!“ Er sieht Miyu sorgenvoll an. Sie haben viel telefoniert die letzten beiden Tage. Jack ist somit auf dem Laufenden. „Du siehst müde aus!“ Miyu streicht Jack vertraut über die Wange. Er ist ihr ältester Freund. Sie waren lange ein Paar. Jack weiß auch über Keito Bescheid. Das hat ihn arg verwundert. Ganz begreifen kann er es noch nicht. Er dachte immer, Yuna wäre schon früh ganz klar orientiert.

Jack in der Mitte umfasst Miyu wie Yuna mit je einem Arm. Gemeinam schlendern sie zu Dritt nach draußen, langsam wieder etwas gelöster in der Stimmung, weil sie beisammen sind. Miyu trägt ihre Sorgen um Yuna jetzt weniger allein. Das beruhigt sie ungemein. Jack hat wie immer nur kleines Handgepäck auf dem Rücken. Er ist gewohnt, ohne viel Aufhebens weit zu reisen. Er wirf seinen Rucksack in den geöffneten Kofferraum und schon machen sie sich per Taxi auf nach …


Ort: Evergreen Harbor Nr. 10 / Conifere Station – Appartement der Familie Watanabe

Der Shiba begrüßt freudig Jack. Jedes Gesicht, das er belecken kann ist ihm recht. Yuna fällt wieder Ellie ein, sie wären wohl nie wirklich zwei Spaziergängerinnen geworden mit so einem kleinen Hund. Schade. Der Shiba ist süß, aber mehr Freude ihrer Eltern. Yuna hätte gern noch … eine Katze dazu. Das passte gut zu ihr, aber der Platz in der Wohnung ist zu klein.



Ellie war in d e r Nacht nicht dabei, fällt Yuna ein … Sie erschrickt und drängt den Gedanken schnell wieder runter. Sie will nicht an d i e Nacht denken. Alles Mögliche triggert sie auf einmal an. Sie will nicht darüber nachdenken, allen plötzlich befangen gegenüber zu sein, denen sie ihr Leben verdankt.
Wenn sie sie sieht, ist sie wieder … d o r t … in dem Verschlag, so ihre Furcht. Yuna ist heilfroh, heute nicht in der Schule sein zu müssen und erstmal nur das Wochenende vor sich zu haben. Sie können nichts dafür …, auch Keito nicht. Es begann in der darauffolgenden Nacht, als es dunkel war und sie nicht mehr … genug sah … wie im Verschlag, Angst hatte vor der Schwärze des Schlafes, der dann aber bleiern und schnell über sie kam wie eine … unentrinnbare Falle. Diese grausame Furcht kurz bevor sie in die finstere Tiefe fiel, sie würde nicht wieder erwachen … Und dann nach dem tiefen Fall ins Dunkel … n i c h t s … wie tot bis zum Morgen und beim Erwachen Angst vor der nächsten Nacht.



Yuna schüttelt sich leicht. Atem ruhig fließen lassen, Zwerchfell entspannen … Hände lockern … Miyu und Jack sehen sich betroffen an. Sie erkennen die Übung. Sie haben sie ihr beigebracht, schon vor langer Zeit. Yuna merkt, dass sie beobachtet wird: „Alles gut!“, lächelt sie ihre Eltern an. Ist es auch … für den Moment. Sie wirkt … gelöst. Aber die Eltern bleiben wachsam. Geschrien hat sie sonst nachts nie – ohne zu erwachen. Yuna hofft, dass sie das bis zum nächsten Schultag in den Griff zu bekommt. Aber was macht sie am Wochenende mit Keito? Sie lächelt ihren Dad an. Keito würde ihren Dad gerne kennenlernen wollen, doch dann denkt sie … an seinen. An Terence! Er ist wieder frei und hat ihnen allen … Rache geschworen. Vielleicht sollte sie sich deshalb schon von allen fernhalten …, die in der Nacht halfen. Was, wenn er seinen Groll auch auf die Mitschüler ausdehnt? Yuna fühlt sich plötzlich so schuldig! Wegen ihrer Dummheit kam sie in diese Lage. Wegen ihrer Dummheit schritten andere ein. Wegen ihrer Dummheit … sind jetzt vielleicht … noch mehr in Gefahr. … … … Atme langsam … … … Viola und Shane wüssten sich wohl zu verteidigen. An Blaze und Chip … … traut er sich doch wohl nicht so ran. Nouki … …? Denize … …? Atmen, runterdrängen … tief unten verstecken …



Yuna setzt sich endlich zu den Eltern. „Spielen wir Schach?“, fragt Yuna leutselig ihren Dad … tiefenentspannt. „Aber sicher doch, Spatz!“ Jack versucht, nicht besorgt zu klingen. Das ängstigt Yuna sonst noch mehr. Nicht über alles lässt sich reden, manchmal muss man einfach nur … weiterleben. Mit immer einem Krückstock mehr im Gepäck. Er weiß das, er hat zu viel gesehen. Sein Rucksack ist deswegen so leer, denn er trägt schwer an anderem. Man sieht es ihm nicht an. Er atmet … meist ruhig und fließend.
Es reicht manchmal einfach, nur da zu sein. Mehr muss und kann man oft nicht geben. Nun, sie werden das ganze Wochenende üben … am Atem und der Entspannung. Man kann nichts ungeschehen machen und muss einfach weiterleben. Na ja, vielleicht helfen auch die Begonien noch ein bisschen weiter … beim Entspannen.



„Ich muss nochmal kurz in die Schule.“, erklärt Miyu, beruhigt, dass Jack bei Yuna bleibt. „Ich brauche übers Wochenende ein paar Notizen für den Unterricht am Montag.“ Jack sieht Miyu eine Moment fragend an. Sie beschwichtigt lächelnd: „Wirklich nur eine Kleinigkeit, aber wichtig. Ich bin in einer Stunde zurück. Ich hab‘ ansonsten auch nichts anderes vor, als das Wochenende mit euch zu genießen.“ … … … soweit das möglich ist. Auch Miyu versucht zu vermeiden, Yuna mit ihrer Sorge um sie weiter zu belasten.



Miyu macht sich auf den Weg nach …

Ort: Brindelton Bay Nr 10 - Brindelton High
Charaktere: Miyu, Oleg Proschinsky & Adeline Fouché
Geschichtsstrang: Schlechter Streich nach schlechter Nacht oder Violas Aufgabe - die Erste


Proschinsky schnauft vernehmlich und laut. Endlich das letzte Blatt weggeräumt. Dieses Chaos auch noch im Sekretariat ... Miyus PC war zum Glück heute nicht an. Sie schaltet sicherheitshalber immer komplett ab. Kein Standby. Gerade ist dieser Fachdienst auch weg. Alle Geräte wieder sauber und sicher. Ein paar süffisante Tipps hat Oleg auch noch abbekommen … Verflucht, mit diesem ganzen neuen Tünkram hält er nicht mehr mit. Auch Miyu vertraut in EDV-Fragen lieber ihrer Tochter. Zum Glück übernimmt Jenkins ab Herbst das Fach. Nicht auszudenken, wenn Miyu dieses Malheur hier mitbekommen hätte. Sie hätte ihn mal wieder als unfähig eingestuft. Grmpf. Seit Yuna den Mopedführerschein hat, kann er Watanabe auch nichts mehr auswischen. Er hat sich zu viel Zeit gelassen, Yuna anzuschwärzen. Mist!

„Danke Adeline.“, seufzt Oleg der Kollegin zu. „Wir haben’s geschafft. Der Breuer kriegt noch was zu hören. Dessen Klausur schaue ich mir genaustens an. Der wollte wohl den Test manipulieren. Diese Pappnase, diese Weichbirne …“ Adeline schaut etwas entsetzt auf. Ach grumpf. Ist Adeline immer eine zart beseitete Seele. Proschinsky liebt nun mal etwas deftigere Wortwahl und direktere Sprache. Diese schei ss political correctnes heutzutage, pffff. Berger ist ein Idiot und keiner darfs sagen?



Proschinsky schaut auf das Blatt in Adelines Hand: „Nun wirf‘s doch endlich weg. Was willst du denn damit noch?“ Die Tür öffnet sich, Oleg durchzuckt kurz ein Schreck: „Miyu, was wie. Oh, welch … Überraschung!“ Was macht die den jetzt noch hier? Miyu stutzt, zieht die Augenbrauen zusammen: „Ihr noch hier? Alles Ok?“ Wieso blickt Oleg mal wieder schuldbewusst und auch Adeline guckt ganz verzagt … was aber eigentlich nichts Besonderes ist, fällt Miyu ein. Sie schaut ihren Konrektor bedächtig an: Was hat Oleg wieder angestellt? Will sie es wissen? Sie blickt kurz ergeben zu Boden. Nein! Nein, sie ist voll für den Moment. Solange er … was auch immer … halbwegs aufgeräumt oder geklärt hat, was er wieder verbockt hat, soll’s ihr recht sein. Oleg grinst breit: „Und schon was Schönes fürs Wochenende geplant, Miyu?“ Oh man, Oleg versucht ablenkenden Smalltalk. Er wird es nie begreifen …, dass er das nicht gut beherrscht. „Ich hol wirklich nur kurz was ab und bin gleich wieder weg. Nur die Ruhe Oleg. Du machst das schon schön alles hier fertig … was es fertig zu machen gibt, nicht wahr?“



Miyu will weiter in ihr Büro als sie einen Blick auf den Mülleimer wirft. Voller Papier? Kaum bedruckt? Nein, nein, nein! Will nichts wissen. Lalalala lala la! Wahrscheinlich hat Oleg wieder einen falschen Knopf betätigt. Gut, dass Jenkins im nächsten Semester Informatik gibt. Proschinsky ist echt nicht auf dem Laufenden. Sie lächelt nochmal Adeline zu, die ihr stumm mit verletzlichen Augen ein Blatt hinhält: „Ja, Adeline … ihr … brauchtet heute … viel Papier. Verstehe.“ Diese verhuschte Seele. Ist das irgendeine Geste der Wiedergutmachung für unökonomischen Papierverschleiß, grinst Miyu innerlich bis Adeline das Blatt wendet. „Was …?!“ Miyu starrt auf die Zeichnung, schaut verständnislos die Kollegin wieder an. „Dasse lag auf die Bodänne von die Klassenzimmärre.“ Miyu nimmt die Zeichnung entgegen. Ein erstaunliches und … irgendwie auch erschreckendes Werk. „Wer …?“ Adeline zuckt die Schultern. Proschinsky starrt angewidert auf das Blatt: „Was für ein Schund.“ Adeline zuckt zusammen: „Non, c’est pas vrai!“ Das klingt schon recht entschieden für Adeline. Miyu schaut vom Blatt hoch: „Da muss ich Adeline recht geben. Es ist … sehr gut … Hat … eine Botschaft!“



Adeline verkündet: „Keitooo ‘at esse zuerste entdecktä. Isch ‘abe es ihm abgenommänne.“ Miyu runzelt die Stirn, Oleg rollt die Augen: „Hat Keito das gepinselt?“, fragt er barsch. Dieser Pinsel hängt doch ständig mit Yuna zusammen. Gebrochenes Herz oder was? Geschieht dem recht. Eigentlich hat Proschinsky gar nichts gegen Keito. Nur der Umstand, dass der mit Watanabes Tochter rumhängt, stört ihn mächtig. Rektorentöchter, pffff. Die kann keiner leiden. Was musste Miyu die auch an diese Schule mitbringen. Ist doch Käse sowas …



Adeline schüttelt auf Olegs Frage verneinend den Kopf: „Non, isch glaubä nischte Keitooo. Nischte seinä Stile unde esse ware auf die Boden.“ Miyu hakt mit studierendem Blick auf die Zeichnung nach: „Weißt du oder Keito, von wem das ist, Adeline?“ „Ische binne mirre nischte sischär, obe Keitooo nischte weisse odärre nischte sagt.“ Sie hebt bedauernd die Handflächen hoch. „Ische weisse nischte werre!“ Proschinsky hat genug gehört. Für ihn ist das alles Humbug. Hauptsache ist, dass Miyu nichts vom Papiermalheur mitbekommen hat. Und Adeline hat er eingeschärft, nichts zu sagen. Dass Miyu heute nicht mehr vorhat, noch was zu fragen wegen dem Papierverschleiß …, darauf kommt er nicht. Oleg ist mal wieder ganz zufrieden mit sich selbst. „Na, dann die Damen, guten Abend!“ verabschiedet er sich grinsend und macht sich schnell vom Acker. Mein Gott, die können sich jetzt wohl stundenlang mit diesem einen bekrickelten Blatt Papier beschäftigen. Hah, er hat sich heute um zig Tausende Blatt Papier gekümmert. Jawoll, T a u s e n d e! Berger kriegt noch Ärger! Mhm, das reimt sich. Er wird noch Lyriker. Pfeifend geht Oleg nach Haus.



„Ich nehme das mal an mich, Adeline. Geh‘ du jetzt auch heim. Ist schon spät.“, weist Miyu Adeline sanft die Lehrkraft an. Die ist dankbar dafür und macht sich auch gleich aus dem Staub. Miyus Blick fällt noch mal auf die Zeichnung, den vollen Papierkorb und … Ein Päckchen? Für Lotta? Verwundert nimmt Miyu auch dies noch auf. Was sich nicht alles an einem Tag in so einer Schule findet. Abwechseln blickt sie auf die Zeichnung in der einen Hand und das Päckchen in der anderen. Kein Absender, mhm. Sollte nicht offen hier im Vorzimmer liegen bleiben. Besser sie legt es in ihr Büro, das Miyu nun auch endlich betritt.



Ah, die gesuchten Notizen, gleich auf dem Tisch. Miyu leg das Päckchen auf ihrem Schreibtisch ab und schreibt kurz eine einfache Botschaft zum Päckchen an Lotta. Sie will Lesen lernen, also keine Sprachnachricht. Als nächstes greift sich Miyu eine der fein melierten Präsentmappen und legt die Zeichnung dort hinein. Sie blickt sie nochmal länger an, bevor sie die Mappe zuklappt und die Bänder verzurrt. Sie hat eine Idee. Sie könnte falsch liegen. Soll sie es tun? Es ist sehr persönlich! Bedächtig steckt Miyu ihre Notizen ein, schließt das Büro hinter sich und wendet sich den Schülerspinden zu. Sie könnte den falschen wählen … … … Aber er passt. Passt nie im Unterricht auf. Kritzelt vor sich hin. Und dann das Können und das Motiv … Auch der Kurs stimmt an dem Tag. Miyu überlegt noch kurz, die Hand mit der Präsentmappe in der Luft verharrend. Dann wirft sie ein … bei Sullivan Blaisdell. War das richtig? Zu spät!



Miyu wendet sich ab … Ob das noch was wird mit dem Wettbewerb? Das wäre ein wunderbarer Geldsegen für die Ausstattung der Kunsträume an der neuen Schule. Adeline würde es freuen. Könnte sie das nicht auch nochmal überzeugen, diese blöden Schrammen und die Einfalt der Buben zu verzeihen?
Vor allem anderen muss Miyu jetzt aber nach Yuna sehen! Sie kehrt heim nach ...

[b]Ort: Evergreen Harbor Nr. 10 / Conifere Station – Appartement der Familie Watanabe


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