Das alte Möbelstück

14.10.2023 08:14 (zuletzt bearbeitet: 14.10.2023 09:50)
#1
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Die wütende Stimme der Vernunft



Schreibübung für junge Hüpfer - Das alte Möbelstück:

Stellt euch vor, ihr seid ein altes Möbelstück in einem Antiquitätenladen. Beschreibt eure Gedanken und Gefühle, während die Menschen um euch herum schlendern und euch begutachten. Denkt daran, ihr seid alt, habt viele Geschichten erlebt und wisst so einiges über die Welt. Schreibt, was ihr denkt und wie es ist, in diesem Laden zu stehen und auf ein neues Zuhause zu warten.

So, jetzt macht euch an die Arbeit, ihr Bürschchen! Und denkt daran, wenn ihr das nicht hinbekommt, könnt ihr euch immer noch ein paar Tipps von einer erfahrenen Dame wie mir holen.

Ach, was verlangt ihr von einer alten, abgegriffenen Kommode wie mir? Hier stehe ich, schon seit Ewigkeiten, mitten in diesem stickigen Antiquitätenladen, und die Leute kommen und gehen. Kaum einer würdigt mich eines Blickes. Aber das ist ja immer so, nicht wahr?

Es gibt Tage, da frage ich mich, ob sie überhaupt verstehen, wie viel Geschichte ich in mir trage. Jede Schramme, jede Kerbe, sie erzählt eine Geschichte, von all den Familien, die mich besaßen, von den Geheimnissen, die sie in meinen Schubladen versteckten.

Da kommt wieder so ein junges Pärchen, Hand in Hand, lachend, als hätten sie keine Sorgen in der Welt. Sie bleiben vor mir stehen und reden leise miteinander. Die Frau sagt: "Schau mal, Schatz, die ist echt alt, oder?" Der Mann nickt und schaut sich um, als würde er nach einem Preis suchen.

Oh, wie gerne würde ich doch sprechen und ihnen erzählen, wie viele Geschichten ich erlebt habe. Ich habe Briefe gesehen, die Liebende einander schrieben, und geheime Tagebücher, in denen Herzen ausgeschüttet wurden. Aber nein, ich bin nur eine stumme Kommode, die darauf wartet, in ein neues Zuhause zu kommen.

Ich hoffe, sie werden mich mitnehmen und mich in ihr Zuhause integrieren, wo ich wieder eine Rolle spielen kann. Es ist einsam hier im Laden, und die Zeit zieht an einem vorbei. Die jungen Leute haben so viel vor sich, und ich... ich bin nur eine alte Kommode.

Text von Jochen


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14.10.2023 09:22 (zuletzt bearbeitet: 14.10.2023 16:12)
avatar  Ripzha
#2
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Drama-Aspirant

Die Alte Lampe

Wenn ich einen Mund hätte würde ich permanent husten in diesem stickigen alten Antiquitätengeschäft. Doch mein Unmut über meine Situation beschränkt sich auf den 'Schluckauf' den ich habe wenn jemand versucht mich einzuschalten. Mein Stromkabel ist brüchig geworden und versorgt meinen Körper leider nicht mehr mit so viel Energie wie ich bräuchte.
Meine Birne funktioniert noch gut, denn ich bin ein helles Köpfchen, obwohl ich schon so alt bin. Oder weil ich so alt bin? Ha!
Dennoch sehe ich immer noch richtig gut aus. Das Muster auf meinem Schirm war mal eintönig und strahlend Weiß. Jetzt ist es gelblich und hat Flecken von Tagen an denen ich zu heiss gebrannt habe. Ich bin so euphorisch manchmal. Es macht mich Einzigartig und ich liebe diese Bilder auf meinem Körper, obwohl sie nie wieder weg gehen werden. Ich fürchte nur, dass ich die einzige bin die so denkt.
Weil dann wurde ich weggegeben. So viele Jahre habe ich in jenem alten Haus verbracht und jetzt bin ich hier. In diesem neuen Haus, welches alt riecht weil ich nicht das einzige aussortierte Möbelstück bin.
Jeden Tag hoffe ich, dass jemand vorbei kommt und an meiner Schnur zieht. Zu meinem Bedauern schreckt mein 'Schluckauf' die Besucher meistens genau so ab wie die Bilder auf meiner Haut. Was soll ich sagen? Ich bin nicht mehr die Jüngste. Warum kommt niemand vorbei der mich liebt wie ich bin? Mit meinen Rillen und Formen?
Manchmal summe ich vor mich hin, in der Hoffnung, jemandem fällt mein Lied auf. Ich sehne mich nach Aufmerksamkeit, ich möchte gebraucht werden. Ich weiss nicht einmal ob meine Lieder den Leuten gefallen. Oft kommen sie näher und lauschen und dann gebe ich mir besonders viel Mühe und lächle hell. Doch dann gehen sie wieder. Am schlimmsten ist es, wenn sie mich vorher ausmachen.
Ich gebe nicht auf. Egal wie lange ich noch in diesem Raum stehen muss, ich werde weiter strahlen so gut ich kann. Eines Tages wird jemand kommen. Daran glaube ich.

Kritik gern gesehen. Im Lauf vom Text dacht ich so; gibt ganz schön viele Parallelen zu einem Menschen. Ich hoffe die Hints sind aufgefallen ;)


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14.10.2023 10:07
#3
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Drama-Aspirant

Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen. Die warme Stube war ein schöner Ort. Meine Füße standen weich auf dem dichten Teppich und morgens schien mir das goldene Sonnenlicht in den Rücken. Dann dauerte es nicht mehr lang, bis der Mann mit seiner Zeitung kam, sich vorsichtig auf mein Kissen niederließ und in aller Ruhe Seite für Seite laß. Sein Körper spendete mir Wärme und immer, wenn er aufstand, strich er mit einer flachen Hand meine Polster glatt. Ich bilde mir gern ein, er bedankte sich bei mir für die Gemütlichkeit, die wir teilten.
Später kam ein Kind zu mir. Es war stürmisch und ich hatte Mühe, sein Gewicht auszugleichen, damit wir nicht beide umfallen. Anfangs mochte ich es nicht, wie dieser kleine Mensch auf mir herumturnte, an meinem Stoff pulte und seine Finger in jede Ritze steckte. Doch heute... Ich muss sagen, ich vermisse diesen kleinen zappeligen Kerl. Ich trage noch immer sein Bonbonpapier zwischen meinen Polstern. Es ist mein Geheimnis. Mein Schatz. Meine Erinnerung an diese Familie, bei der ich so viele Jahre stand. Von denen ich Geschichten hörte und sah, wie das Kind älter und größer wurde. Wie es selbst eines Tages ein Kind mitbrachte, auf meinen Polstern Platz nahm und mit dem ganz kleinen Menschlein spielte. Und ich sah, wie der Mann eines Morgens seine Zeitung auf den Boden fallen ließ. Seine Arme sanken an meinen Lehnen herunter und er schlief ganz fest ein. So fest, dass andere Menschen kamen und ihn fort trugen. Danach habe ich seine Wärme nie wieder gespürt.
Seither stehe ich nun hier. Meine Füße schmerzen von diesem harten Boden. Mein Rücken ist kalt, denn hier scheint keine Sonne herein. Jeden Tag setzen sich verschiedene Menschen auf mich, streichen über meine Lehnen und lassen mich dann zurück. Oft höre ich das Wort 'abgenutzt'. Ich weiß nicht, was es bedeutet, aber es scheint etwas zu sein, was Menschen nicht mögen.

Das Licht geht an und wenig später kommen sie herein. Die Leute schauen sich um, betrachten mich. Sie fassen mich an und gehen weiter. 'Abgenutzt'. Manche setzen sich auf mich, wackeln hin und her, so dass mir die Gelenke knacken, und verlassen mich dann.

Da ... da kommt eine Familie. Ein Junge stürmt auf mich zu und springt in mich hinein. Seine Knie drücken tief in meine Polster. Er lacht und sagt etwas. Die Frau hebt ihn hoch und setzt sich vorsichtig. Die ist angenehm warm, als sie sich an meine Lehne schmiegt. Sie lächelt. Das Kind klettert auf ihren Schoß. Beide zusammen sind fast so schwer, wie der Mann mit der Zeitung. Ich vermisse ihn.


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28.10.2023 09:51 (zuletzt bearbeitet: 28.10.2023 09:52)
avatar  Ripzha
#4
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Drama-Aspirant

Ich bin nicht wie die anderen. Die anderen sind gross und sperrig. Sie nehmen Platz ein und haben viel Oberfläche zum Staub ansetzen. Trotzdem werden alle vor mir mit nach Hause genommen. Und wenn nicht, vor mir in den Sperrmüll gegeben. Ich bin allein. Keiner braucht etwas wie mich. Von der Zeit überholt, vergessen, ungebraucht, sinnlos. Meine Existenz hat keine Berechtigung mehr. Schon lange gibt es bessere und funktionstüchtigere Versionen von mir. Meine Kinder. Ich bin die Urgrossmutter aller und keiner dankt es mir. Niemand nimmt mich mit und benutzt mich noch. Kein Sammler der in dieses staubige Geschäft schlendert, mich entdeckt und mit seinen weichen Fingern über meinen stählernen Körper streicht. Keiner der Prüft ob meine Spitze noch gut genug ist. Niemand der mich ausstellen würde. Wie schön wäre es in einem sauberen, funkelnden Glaskasten in einem Museum zu liegen und bewundert zu werden. Aber das passiert nicht. Denn es interessiert nicht.
Dabei möchte ich doch nur Dank für meine Taten. Dafür dass ich als eine der ersten zu etwas in der Lage war, was menschen nicht ganz allein können. Und wenn ich keinen Dank erhalte, dann wenigstens noch einmal in meinem Leben arbeiten, statt in diesem Laden zu versauern. Einmal die Schwingungen durch meinen Körper spüren. Einmal den Rillen meiner Arbeitskollegen folgen. Einmal sehen wie die Menschen sich an meiner Arbeit erfreuen.
Ich seufze. Obwohl ich klein bin, wird es wegen meiner Beschaffenheit noch sehr lange dauernd bis ich zerfalle. Das habe ich meinen Kindern vielleicht voraus…. Nur ist es wirklich ein Segen? Oder ein Fluch…

Was bin ich?


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08.11.2023 18:42
#5
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Schicksalslenker

Ich spoiler natürlich nicht jetzt. ^^ Wir hatten ne richtig witzige Ratezeit hier, bis dann endlich der Groschen gefallen ist. Super Idee das als Rätsel zu gestalten


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